Freitag, 3. Juli 2020

21. Juni

2020/06/21 19:48

Nach einem heißen Tag mit einem heißen Wind sitze ich jetzt am "Katzentisch", der am Abend im Schatten liegt, wenn die Abendsonne über die Terrasse flutet. Katzentisch, weil die Katzen ihn zu ihrem auserkoren haben. Cleo liegt auf einem der luftigen Stühle, Caesarion und Punxy liegen auf dem warmen Betonboden.

Gestern nichts geschrieben. Der Akanthus ist jetzt langsam verblüht und muss geschnitten werden, damit er seine tausend Samen nicht in alle Richtungen schießt. Am Olivenbaum sieht man jetzt schon winzig kleine grüne Oliven. Die Feigen werden täglich grösser. Einen Birnbaum habe ich auch entdeckt, aber ich habe keine Ahnung, ob die Birnen gut sind. Es gibt auch einen Apfelbaum, an dem ich drei Äpfel entdeckt habe.

Cleos Auge ist wieder von einem dünnen weißlichen Film überzogen und tränt. Vorgestern habe ich ihr Augentropfen verpasst, aus zwanzig Zentimeter Abstand von oben, während sie auf dem Bett lag, aber sofort verfiel sie wieder in ihr altes Misstrauen. Sobald ich mich nähere, springt sie weg. Andere Katzen kann ich im Nacken packen, aber bei ihr bekomme ich keinen Griff. Vielleicht ist diese Erkrankung etwas, was kommt und geht. Ich will trotzdem noch einmal mit Myrsini reden. Adiamantos verschwindet jetzt bald nach Athen.

Ich übe mich im Hiersein. Die Hitze annehmen. Die Tatenlosigkeit annehmen. Die Wiederholung meines Tagesrhythmus annehmen. Wenn viele überflüssige Beschäftigungen und Begegnungen wegfallen, ist der Tag unendlich lang. Es macht keinen Sinn, ihn nach Fabrikzeit einzuteilen. Ich muss darauf vertrauen, dass alles im richtigen Moment geschieht.
Es gibt einen Vogel hier mit einem durchdringenden Laut. Ich habe mich jetzt schon daran gewöhnt. Einmal dachte ich, es wäre ein elektronisches Gerät, das piept. Als hätte jemand seinen Wecker nicht ausgestellt. Aber wer sollte hier einen Wecker gestellt haben, so nahe? Wenn ich auf die Terrasse gehe und in die Zweige der abgestorbenen Terpentinpistazie blicke, kann ich ihn dort sitzen sehen. Er ist erstaunlich klein, es ist kaum zu glauben, dass er so laute Töne hervorbringen kann. Jedes Mal, wenn ich den Fotoapparat hole, fliegt er weg. Und ich kann es nicht dabei belassen, ihn einfach nur anzuschauen, ohne ihn "einfangen" zu wollen.

Gestern, als ich Champignons dünsten wollte, krabbelten zwei Ohrenfüßler (die bestimmt ganz anders heißen) aus der Papiertüte. Den einen konnte ich abfangen und nach draußen tragen. Der andere war inzwischen nicht mehr zu sehen und dachte, er hätte schon das Weite gesucht. Als ich die Champignons geschnitten hatte und in die Pfanne schüttete, sah ich ihn am Pfannenrand entlangkrabbeln. Ich kippte die Pfanne, um zu verhindern, dass er ins heiße Öl fiel, aber meine Bewegung hatte den entgegengesetzten Effekt. Er rutschte von der Kante ab, und wurde von dem heißen Öl sofort frittiert. Den ganzen restlichen Tag trauerte ich über den grausamen und überflüssigen Tod dieses Ohrenfüßlers.

Lese jetzt schon das zweite Buch von Mary Stewart (schottische Autorin, 1916-2014): Griechenland-Thriller, geschrieben 1962 und 1964. Eine Mischung aus Unterhaltungsroman und Thriller. Auf dem Umschlag steht, dass sie zu den meistverkauften Autoren des 20. Jahrhunderts gehörte. Hatte noch nie etwas von ihr gehört. Ein schamloses Lesevergnügen. Das erste Buch, das auf Korfu spielte, hatte ich innerhalb eines Tages ausgelesen. Es gefiel mir nicht nur der Griechenland-Flair, sondern auch die Parallelen zu Shakespeares "Sturm", die sich durchs ganze Buch zogen. Das Buch, das ich jetzt lese, spielt auf Kreta. Der Plot ist wieder spannend.

Jetzt ans Meer. Der längste Tag des Jahres heute. Für die nächste Woche ist fast nur Sonne angesagt, Temperaturen über 30 Grad.


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