Freitag, 3. Juli 2020

18. Juni -

2020/06/18 14:21

Zwei Abende hintereinander bin ich in voller Kleidung (Shorts und ärmellose Bluse) auf dem Bett eingeschlafen, bei brennendem Licht. In der ersten Nacht wachte ich um ein Uhr davon auf, dass ich ein wenig an den Zehen fror. In der zweiten Nacht wachte ich erst um drei auf, weil die Katzen vor der Tür standen und miauten.

Sah gestern ein (schon einige Monate altes) Interview mit dem Dalai Lama (85) auf Youtube. Wie hat sich sein Leben durch Covid 19 verändert? Überhaupt nicht. Er meditiert, vier Stunden am Tag, er schaut Nachrichten am Fernsehen an, etwa eine bis zwei Stunden, er liest. Meditieren ist gut, sagt er und empfiehlt, dass man mit wenigen Sekunden anfangen soll und allmählich die Zeit verlängern. Anderen helfen, sagt er, ist das Einzige, was uns glücklich macht. Und es gibt nur eine Schwäche: aufgeben. Selbst wenn man eins ums andere Mal auf die Nase fällt, soll man es noch einmal versuchen und dann noch einmal. Zu Trump befragt, sagt er schlicht, das Konzept des "America First" sei ein Zeichen dafür, dass seine Welt sehr klein sei.

In einem kleinen Film auf Instagram interviewt eine griechische Filmstudentin ihre Großmutter Eleni, die 91 Jahre alt ist und auf Lesvos lebt. Was würdest du an deinem Leben ändern, wenn du noch einmal jung wärst? Ich würde es mehr genießen, und ich würde anderen mehr helfen. Armen Menschen helfen ist das Einzige, was uns glücklich macht, sagt sie in einer interessanten Übereinstimmung mit dem Dalai Lama. "Und jemanden finden, den man liebt, der die Liebe wert ist, ein Leben lang. Er liebt dich, und du liebst ihn. Aber er muss es wert sein. Nicht so wie heute: man liebt jemanden, aber nach kurzer Zeit ist die Liebe schon wieder verblasst."

Ziellose Gartenarbeiten: Den Rosmarin schneiden, aber ich fühle mich wie eine schlechte Friseuse, es klaffen bald Löcher im Busch, und die Kante unten sieht fransig aus. Dann schabe ich mit einer Schaufel die dezimeterdicke Schlacke von Olivenabfall und trockenen Rosmarinnadeln unter dem Rosmarinbusch hervor. Das Gleiche mache ich auch auf dem unteren Teil der Terrasse. Fülle Müllsäcke mit diesem Abfall, der sich über die Jahre angesammelt hat.

Ein kurzer Besuch im Dorf. Post checken, Haare schneiden. Bei der Post kennen sie zwar meinen Namen, aber ein Brief ist noch nicht angekommen. Ranias Friseursalon ist geschlossen. Ihr Mann und ihre zwei erwachsenen Söhne sitzen in dem winzigen Café nebenan, das einem der Söhne gehört, und essen Spaghetti. Es sieht süß aus, weil sie in dem schmalen Café an zwei Tischen hintereinander sitzen müssen. Rania ist nach Athen gefahren, sagt ihr Mann, etwa in einer Woche kommt sie zurück. (Später erfahre ich von Effi, dass sie zu einer Nachsorgeuntersuchung dort ist.)

Ich komme am Katzen-Giorgos vorbei und kann die Schachtel mit dem Vogel nicht sehen. Er ist gerade damit beschäftigt, den Behälter für das Katzenfutter auszuwaschen. Wie geht es dem Vogel? Er lebt noch, sagt er, und deutet nach oben. Da sehe ich die Schachtel, die sich im Laub versteckt hatte. Wie schön! Er hofft, dass er ihn in einigen Wochen fliegen lassen kann. Bleibst du den ganzen Sommer hier? fragt er. Bis Ende Juli, höre ich mich sagen. Das Gleiche habe ich heute Morgen zu Frans gesagt, der sich neben mich aufs Mäuerchen gesetzt hat, als ich gerade die New York Times auf meinen iPad lud. Die Entscheidung ist also offensichtlich gefallen und wird im Telefongespräch mit P etwas später bestätigt. Ich buche heute Abend einen Flug von Athen. Die Strecke nach Athen fahre ich mit der Fähre. Vielleicht fahre ich gleich nach dem Kurs wieder zurück. Vielleicht aber auch nicht. Pia kommt im September und bleibt dann etwas länger. Ich habe angefangen, Rosmarin für Duftsäckchen zu sammeln und zu trocknen.

Ich muss versuchen, den ominösen "Fischer" ausfindig zu machen, der laut U die Katzen normalerweise füttert. Außerdem muss ich jemanden finden, der sich um Julia kümmern kann.

Du hast ja noch einen ganzen Monat, sagte Frans heute zu mir, der schon über vier Wochen auf einen Brief mit einer Unterschrift aus Holland wartet, den er braucht, um seinen Secondhand-Laden hier abwickeln zu können. Ja, sagte ich, sogar etwas länger. Und das allein ist länger, als ich früher jemals hier gewesen bin.

Die Frau, die meine Wohnung in Malmö mietet, kommt schon heute und möchte vielleicht länger bleiben.

Schon wieder war der Kühlschrank zu warm, und ich besorgte mir die Telefonnummer des "Waschmaschinen-Mannes" Pavlos, der auch Kühlschränke repariert. Gestern hatte er die Theorie, dass der Kühlschrank, der in die Küchenzeile eingebaut war, zu wenig Luft bekam, also riss er den Sockel heraus, so dass über dem Kühlschrank ein Raum für die Luftzirkulation entstand. Erst sah es aus, als würde es funktionieren, aber die Temperatur im Kühlschrank sank trotzdem über Nacht nicht unter 14 Grad. Also rief ich ihn heute Morgen noch einmal an und warte gerade auf ihn. Dass der Kühlschrank alt ist, schien ihn gestern nicht zu bekümmern. Ich hoffe noch, dass das Problem leicht zu beheben ist.

Im Blumenladen am Dorf-Eingang habe ich eine Pflanze bestellt, die P für eines der alten Rosenbeete haben möchte. Die Ladenbesitzerin sagte: ah, Solanum, das wächst hier überall, du kannst sicher eine der Frauen im Dorf fragen, ob du etwas haben kannst, aber ich kann es dir auch besorgen. Ja, gerne, sagte ich. Sie will es versuchen.


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