Freitag, 30. Dezember 2011

Der Engel im Liegewagen


Flüstert der fremden Frau neben sich "gute Nacht" zu. Steht in Unterhosen auf und hilft einem Neuankömmling mit dem Gepäck. Isst am Morgen mit frisch gekämmtem Haar seine mitgebrachten Stullen aus der Papiertüte, engagiert sich in der Frage, wo im Zug man wohl Kaffee bekommt und wünscht schliesslich seinen wortkargen Mitreisenden ein Gutes Neues Jahr, bevor er mit zwei abgeschabten Koffern aus dem Zug steigt und seine Flügel ausbreitet.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Erklär mir, Liebe


Dein Hut lüftet sich leis, grüßt, schwebt im Wind,
dein unbedeckter Kopf hat’s Wolken angetan,
dein Herz hat anderswo zu tun,
dein Mund verleibt sich neue Sprachen ein,
das Zittergras im Land nimmt überhand,
Sternblumen bläst der Sommer an und aus,
von Flocken blind erhebst du dein Gesicht,
du lachst und weinst und gehst an dir zugrund,
was soll dir noch geschehen –



Erklär mir, Liebe!


Der Pfau, in feierlichem Staunen, schlägt sein Rad,
die Taube stellt den Federkragen hoch,
vom Gurren überfüllt, dehnt sich die Luft,
der Enterich schreit, vom wilden Honig nimmt
das ganze Land, auch im gesetzten Park
hat jedes Beet ein goldener Staub umsäumt.


Der Fisch errötet, überholt den Schwarm
und stürzt durch Grotten ins Korallenbett.
Zur Silbersandmusik tanzt scheu der Skorpion
Der Käfer riecht die Herrlichste von weit;
hätt ich nur seinen Sinn, ich fühlte auch,
daß Flügel unter ihrem Panzer schimmern,
und nähm den Weg zum fernen Erdbeerstrauch!


Erklär mir, Liebe!


Wasser weiß zu reden,
die Welle nimmt die Welle an die Hand,
im Weinberg schwillt die Traube, springt und fällt.
So arglos tritt die Schnecke aus dem Haus!



Ein Stein weiß einen andern zu erweichen!


Erklär mir, Liebe, was ich nicht erklären kann:
Sollt ich die kurze schauerliche Zeit
nur mit Gedanken Umgang haben und allein
nichts Liebes kennen und nichts Liebes tun?
Muß einer denken? Wird er nicht vermisst?



Du sagst, es zählt ein andrer Geist auf ihn ...
Erklär mir nichts. Ich seh den Salamander
durch jedes Feuer gehen.
Kein Schauer jagt ihn, und es schmerzt ihn nichts.



(Ingeborg Bachmann)

Donnerstag, 15. Dezember 2011

(ausgegraben II) Wiener Tagebuch

Es ist eine einfache Geschichte, wie eine simple Melodie. Ich sage, ja, sie ist es und setze mich noch einmal, um sie bis zu Ende zu hören. 
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Ich: War es da?
Sie: Was willst du denn nun wieder wissen? Nein, es war früher. Es war viel früher als du dir denken kannst. Es war schon an meinem ersten Tag in Berlin, in eurer grossen Wohnung. Ich war früh aufgestanden, wie immer, ich brauche nie mehr als fünf Stunden Schlaf. Jemand stand im Bad unter der Dusche und sang. Es war ein Stück, das ich von irgendwoher kannte.
Ich: Es war Recordame von Joe Henderson. Ich wollte eigentlich allein sein wie jeden Morgen und erschrak, als ich in die Küche kam und dich ganz still am Küchentisch sitzen sah.
Sie: Ich war gespannt, wie die Frau aussehen würde, die zu dieser Stimme gehörte.
Ich: Du trugst ein schwarzes Kleid und schwarze lange Stiefel, als wärst du bereit, sofort aufzuspringen und wegzulaufen. Ich hatte mein Micky-Maus-T-Shirt an und wollte mir Tee kochen, bevor ich mich wie jeden Morgen ans Klavier setzte.
Sie: Es war ein kalter Winter. In der Nacht hatte es geschneit, der Schnee, der auf der Strasse lag, war noch weiss und unberührt.
Ich: Ich denke, wir sollten unsere Geschichte heute erfinden, denn bald könnte es zu spät dafür sein.
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Sie: Hast du Angst vor der Zukunft?
Ich: (schweige)
Sie: Einmal hatte ich eine Zukunft: Ich wäre eine Bäuerin gewesen und Goldfuss mein Bauer. Ich wäre die Bärin gewesen mit vielen tapsenden Bärenkindern. Ich habe am Zugfenster gestanden, der Wind hat meine Tränen weggerissen. Als ich in Berlin ankam, war ich geheilt, so sagt man.
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Ein Film läuft vorwärts und rückwärts, ich liege im Sessel mit halb geschlossenen Augen. Halt! rufe ich, Stop! Der blaue, weiss gepunktete Morgenmantel, die Zähne, die Unterlippe leicht berührend, die Hand, durchs Haar streichend, die Hand an der Schulter, am eigenen Schulterblatt, die weissen Hände, Kinderhände.

Bauernhände, Proletenhände, sagt sie. Und:
Mein oberösterreichischer Hintern.
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Wann, frage ich.
Sie: Ich weiss es nicht, frag mich nicht.
Ich: Denk nach, es ist höchste Zeit, es bleibt uns fast keine Zeit mehr.
Sie: Ja warte, es war vielleicht in Berlin, am Tag vor dem Umzug. Du bautest dein Hochbett ab. Stundenlang hörte man nur das Hämmern aus deinem Zimmer, und manchmal tauchtest du ganz verstaubt auf.
Ich: Im Himmel gibt es keinen Staub!
Sie: Und abends ging ich mit den anderen ins Café an der Ecke. Du sagtest, ich komme vielleicht nach, aber wartet nicht auf mich. Und dann kamst du. Du trugst eine alte grüne Lederjacke. Es war, als hätten wir die ganze Zeit nur auf dich gewartet. Aber jetzt musst du mir etwas sagen.
Ich: Was?
Sie: Du musst mir sagen, woher deine Kopfschmerzen kamen.
Ich: Du wolltest mir an jenem Tag die schönste Aussicht über das oberösterreichische Land zeigen. Sind wir eigentlich jemals zu dem Aussichtsplatz hinaufgestiegen? Da siehst du, wie meine Erinnerung nachlässt. Es war der erste warme Tag in diesem Jahr. Wir legten uns ins Gras, du auf deinen Mantel, ich auf meine Jacke. Kleine Tiere krabbelten über meinen Arm.
Sie: Das erklärt noch nichts.
Ich: Du hast viel geredet an dem Nachmittag.
Sie: Ja, das kann so gewesen sein. Ich habe dir viel erzählt. Aber dein Schweigen war nicht immer angenehm.
Ich: Du hast zwar viel gesagt, aber das Wesentliche musste ich erraten.
Sie: Warum willst alles wissen, wofür wolltest du auch damals alles wissen?
Ich: Damals dachte ich, ich würde nichts vergessen, aber jetzt fange ich schon an, deine Stimme zu vergessen.
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Als der letzte Ton verklungen ist, bleibe ich noch ein wenig sitzen. Dann stehe ich auf und gehe. Die Tür lasse ich geöffnet. Als könnten die Töne mich finden, als würden sie mir folgen...

Sonntag, 11. Dezember 2011

(ausgegraben I:) Die Freundin

Ich schlief unruhig. Es lag an der harten Matratze, und an der dicken Decke, unter der ich schwitzte. Ich träumte, dass sie sagte, ich würde mich immer nur mit toten Männern und deren Leben beschäftigen. Es war so echt, dass ich noch am Tag dachte, sie hätte es wirklich gesagt! Ich träumte auch, dass sie nach dem Aufwachen etwas zu mir sagte, mit gerunzelter Stirn. Dabei lag sie mit geschlossenen Augen neben mir, das Gesicht ruhig und glatt.

Als ich im Halbdunkel aufwachte und den Körper neben mir wahrnahm, wollte ich schon die Hand ausstrecken, um sanft ihr Gesicht zu berühren. Rechtzeitig fiel mir ein, dass wir uns seit Jahren nur noch schwesterlich berührt hatten. Meine Güte, schwesterlich! Zur Begrüssung küssten wir uns auf den Mund oder knapp daneben, und manchmal, wenn sie nicht hersah, wischte ich mir die Lippenstiftspuren weg.

Ich war immer froh, sie zu sehen, mit ihr zum Beispiel in den Doppeldeckerbus zu steigen, sofort auf die obere Plattform zu stürmen und, wenn der Platz frei war, ganz nach vorne zu gehen, wo wir unsere Füsse auf den kleinen Vorsprung vor dem Fenster stellten. Dann war es gut, in Berlin zu leben, dann sprachen wir einmal nicht vom Weggehen.

Sie sagte: Wenn ich das richtig sehe, dann wohne ich in zwanzig Jahren immer noch in meiner Butze und bin dann schon fünf Jahre älter als die Frau, die über mir wohnt und die ich vor fünf Jahren, als ich hier einzog, bemitleidete, weil sie in dieser Einzimmerwohnung hängengeblieben war.

Wir setzten uns in ein Café und aßen Sahnetorte, lasen uns aus den Zeitschriften vor, die dort herumlagen, bis es draußen dunkel war. Wir lagen auch gern nebeneinander auf ihrem oder meinem breiten Bett und erzählten einander Dinge aus unserem Leben. Manchmal legte sie den Kopf auf meinen Schoss, aber eigentlich selten. Wir sprachen meistens über wechselnde Liebschaften, von denen es im Lauf der Jahre erstaunlich viele gab. Wir waren immer ein wenig eifersüchtig auf die Geliebten der anderen, hatten uns aber schon an dieses Gefühl gewöhnt.

Eines Tages, sagte sie, du wirst sehen, werden wir noch zusammen fortgehen. Ja, bloss wohin, sagte ich. Sie sagte, komm du erst einmal zurück.

An diesem Morgen brachte sie mir  mir Kaffee mit heisser Milch ans Bett, in einer blauen Schale. Ich trank, während ich auf dem Bauch lag und verschluckte mich fast. Ich weiss nicht, ob mir schon einmal jemand Kaffee ans Bett gebracht hat, sagte ich, ich bin das gar nicht gewöhnt, beinah hätte ich ihn jetzt verschüttet.

Es war viertel nach sieben, als wir uns vor dem Haus verabschiedeten. Sie drückte mir einen feuchten Kuss auf die Lippen. Ich stieg aufs Fahrrad und fuhr nach Hause, um meine Kisten zu packen.

Freitag, 2. Dezember 2011

Schön und grau und dezembrig

Und ein Mann stand im Hauseingang und rauchte und hatte seine Kaffeetasse auf dem Türgriff abgestellt, was ich nicht sehen konnte, als ich die Tür von der anderen Seite aufdrückte, weshalb der Kaffeepott hinabsegelte und auf dem Steinboden zerschellte. Er sah mich an, als hätte ich Schuld an diesem Unglück und sammelte trotzig mit den Füßen die Scherben zusammen, und später schwemmte er auch trotzig, nach zweimaligem Hinweis, den Kaffee mit Hilfe von sehr viel Wasser weg, fast so, als wäre er, der mindestens zwanzig Jahre älter war als ich, ein aufmüpfiger Junge und ich die strenge Lehrerinnen-Mutter.

Samstag, 26. November 2011

The Thing With A Broken Heart

Einmal muss es ja gesagt werden. Wann, wenn nicht jetzt?


"Sometimes (a) broken heart gives birth to anxiety and panic, sometimes to anger, resentment and blame. But under the hardness of that armor there is the tenderness of genuine sadness. This is our link with all who have ever loved. This genuine heart of sadness can teach us great compassion. It can humble us when we're arrogant and soften us when we are unkind. It awakens us when we prefer to sleep and pierces through our indifference. This continual ache of the heart is a blessing that when accepted fully can be shared with all." (Pema Chödrön)

Montag, 21. November 2011

Und dann griff die Kälte nach meinem Herzen

"Sie sah aus wie jemand, der jede Hoffnung aufgegeben hat, irgendwem zu gefallen, und sei es sich selbst."


(...)



Aus: Peter Stamm, Sieben Jahre

Donnerstag, 17. November 2011

In der Strassenbahn Nr 4 von Angered nach Mölndal

spårvagn göteborg

In der Kungsportsavenyn steigen ein paar junge Männer ein, die englisch miteinander sprechen, obwohl offensichtlich keiner von ihnen aus einem englischsprachigen Land kommt.
Sie sehen einander ein wenig ähnlich - ähnlicher Kurzhaarschnitt, ähnliche dunkle Jacke mit doppelter Knopfreihe, ähnlicher Stil, proper, wohlerzogen.
Der eine von ihnen ist offenbar verliebt. Sein Nachbar erkundigt sich: Was hat sie zu dir gesagt?
Der andere antwortet mit einem Seufzer und ein paar unverständlichen Worten.
Is she nuts?, fragt der erste.
Der andere versteht nicht.
Nuts, crazy, Is she crazy?
(Keine Antwort.)
Hattest du da schon deinen neuen Haarschnitt?, fragt der erste dann.
Nein, sagt der Verliebte und sieht plötzlich nervös aus. Hoffentlich gefällt ihr mein neuer Haarschnitt.
Natürlich, sagt der andere beruhigend und ein wenig väterlich. (Aus irgendeinem Grund kann ich mich an seinem Gesicht nicht sattsehen.) Sie mag dich, also wird sie auch deinen Haarschnitt mögen.
Wenn sie uns mögen, dann ist es ihnen egal, was wir für einen Haarschnitt haben. Natürlich, fährt er dann fort, ist es gut, wenn wir uns um unser Aussehen kümmern. Er sagt das etwas nachdenklich in die Luft. Der verliebte Nachbar zu seiner Linken kann an nichts anderes als seine Verliebtheit denken und scheint gar nicht zu hören, was der andere sagt.

Sonntag, 13. November 2011

was für eine woche

was für eine woche!!
jetzt überstehe ich alles!

(und in der nacht träumte ich werther-gleich von einer romantischen deutschen stadt mit schmalen, steilen gassen. überall kunst und musik, junge, leidenschaftliche menschen, und mein traumwunsch: DA möchte ich leben!!)

Mittwoch, 9. November 2011

Novemberfetzen

Der November gräbt sich so hart und kalt in mein Herz.

Zwischen Nachtschicht und Nachtschicht

"Er fällt in diesen unschönen, opioiden, fiebrigen Halbschlaf, eher eine Fugue als Schlaf, weniger ein Schweben als ein Dahintreiben, ausgesetzt auf stürmischer See, das ihn immer wieder unsanft von einem Halbschlaf in den nächsten schleudert, wo der Verstand noch arbeitet und man sich auch im Traum noch fragen kann, ob man eigentlich schläft. Und alle Träume sind an den Rändern ausgefranst, angeknabbert, unvollständig."

David Foster Wallace: Unendlicher Spaß - Infinite Jest

Donnerstag, 3. November 2011

Tragische Geschichte

Hier kommt eine weitere tragische Geschichte.
Als ein Schriftsteller nach einer kurzen, jedoch schweren Krankheit starb, warf seine Frau alles, was er geschrieben hatte, in den Müll.
Es handelte sich um zehn linierte Doppelhefte, die in Mikroschrift  eine unabgeschlossene Romantrilogie mit dem Titel „Ariels Traum“ enthielten, einen dicken Ordner, der mit „flugtexte“ beschriftet war und in dem sich ca. 700 mit Schreibmaschine beschriebene Blätter befanden, dreizehn schwarze Tagebücher, die bis auf die Jahreszahlen undatiert waren und außerdem ein in Packpapier eingeschlagenes Papierbündel mit der bleistiftgeschriebenen Aufschrift „Philosophie des Angestellten“.
„Er hatte diese fixe Idee, ein Schriftsteller zu sein“, erklärte sie ihrer Nachbarin, der sie neben der Mülltonne begegnete. „Leider hat er es deshalb beruflich nicht besonders weit gebracht.“
Die Nachbarin hörte nicht richtig hin, weil ihre biologische Uhr gerade so laut tickte. 

Mittwoch, 2. November 2011

Denkleserei

"Ich hab an dich gedacht!"
"Und ich an dich."

***

"Ich hab nicht an dich gedacht!"
"Und ich nicht an dich."

***

Dienstag, 1. November 2011

Aiki, my love

trying to fly
Aiki typically describes an idea of oneness or blending in the midst of combat. In aikido it generally describes the more elevated notion of blending rather than clashing. Emphasis is upon joining with the rhythm and intent of the opponent in order to find the optimal position and timing with which to apply force. (von da)
Und hier ein Film mit meinem ersten Lehrer, Gerd Walter in Berlin)

Sonntag, 30. Oktober 2011

FIRE

Ach schon wieder verlier ich mich so sinnlos zwischen den Zeilen, zwischen den Stunden, zwischen mir und mir.


"Everything that generates warmth, vitality, passion, and creativity is an expression of fire. Where is fire in balance, creating energy but not burning you or anyone else up? Where is it lacking, leaving you feeling desolate and alone? And where is it too strong - where do you feel fried or burned out?" 
(Ken McLeod, Wake Up To Your Life)



Donnerstag, 27. Oktober 2011

Human beings with feelings

"People turned out to be alive. Hitherto he had supposed that they were what he pretended to be - flat pieces of cardboard stamped with conventional design - but as he strolled about the courts at night and saw through the windows some men singing and others arguing and others at their books, there came by no process of reason a conviction that they were human beings with feelings akin to his own. He had never lived frankly." (E.M.Forster: Maurice)


Ich glaube, dass ich das verstehe

Der Freund erzählte:

Meine größte Lebenskrise hatte ich, als meine Freundin mich verließ. Ich erinnere mich, wie ich eines Tages mit meinen Einkaufstüten nach Hause kam und auf die Knie sank, weil ich so weinen musste. Aber im gleichen Moment war ich auch wahnsinnig froh.

(Er lachte und machte eine Pause, und ich wartete gespannt auf die Fortsetzung.)

Er sagte, ich war so froh, weil ich mich in meiner Traurigkeit lebendig fühlte. Verstehst du das?

Ich sagte, ich glaube, dass ich das verstehe.

Mittwoch, 26. Oktober 2011

I love you dearly, deeply

Sie sagte, ich muss die Menschen, die ich liebe, auch immer irgendwie quälen, und ich habe bisher noch nicht wirklich begriffen, warum das so ist.

Montag, 24. Oktober 2011

may I be happy

To the degree that you have loving-kindness for yourself your loving-kindness for others is unblocked. (Pema Chödrön)

Sonntag, 23. Oktober 2011

Freund!

"Schreibst du noch?", fragt er.
Ich gehe ins andere Zimmer, um meine Schuhe in den Koffer zu packen.
"Nein", sage ich nach einer Pause.
Er ist mir gefolgt.
"Lügst du noch?", fragt er.
"Ja", sage ich nach einer noch längeren Pause und ziehe den Reißverschluss des Koffers zu.
"Schreibst du noch?", fragt er.

(Er steht an einem Sonntag um halbacht mit seinem Fahrrad vor der Buchhandlung, damit wir noch zusammen frühstücken können, bevor ich fahre.)

Ausflug mit S (4) II

1. Das Kind hat seit kurzem ein größeres Fahrrad, mit Fahne, auf dem es schon ganz gut fahren kann. Nur wenn es still steht, fällt es manchmal um, weil es dann kippelt oder sich nach links und rechts hinunter bückt, um etwas vom Gehsteig aufzuheben oder am Wegrand zu pflücken. Ein Blatt. Ein paar "pinkene" Beeren. Eine Sammlerin, sagt B. Schöne Welt, sagt das Kind. Jedenfalls glaube ich das zu hören. Hat sie das wirklich gesagt, fragt B.

2. Wo wohnst du, fragt mich das Kind. In Schweden, sage ich. Ich bin einmal in einem anderen Schweden gewesen, ruft das Kind, das mit dem Fahrrad schon ein Stück vorausfährt, mit K! K ist ihr großer Bruder, beinahe 18, er wohnt aber woanders, und sie sehen sich kaum. B sagt, sie erzählt andauernd, dass sie mit K irgendwo gewesen ist. Warum also nicht auch in einem anderen Schweden?

3. Auf dem Flohmarkt für Kinderkleidung kauft B eine Winterjacke, zwei Hosen, eine Baumwolljacke und ein T-Shirt für das Kind. Das Kind verschwindet immer wieder auf den Spielplatz, und jedesmal, wenn wir nach ihr Ausschau halten, gibt es diese kleine Schrecksekunde, diesen Mikroteil einer Sekunde, in dem wir sie nicht entdecken können, bis wir sie schließlich sehen, z.B. platt auf dem Bauch auf dem Dach des Kletterhauses.

4. Das Kind fragt mich vom Hintersitz des Autos her, wie lange werden wir uns treffen? B fragt, was meinst du damit? (B ist gerade ein wenig gereizt, weil jemand ihren Rückspiegel kaputtgemacht hat und der jetzt nur an einem dünnen Fädchen am Auto hängt). Aber ich glaube, dass ich weiß, was das Kind meint. Ich sage, ich komme noch mit euch in den Park, und dann fahre ich woanders hin. Und dann treffen wir uns nächstes Mal wieder, wenn ich nach Berlin komme. Wann darf ich ein Stück von deinem Kuchen probieren, fragt das Kind.

Samstag, 22. Oktober 2011

Ausflug mit S (4)

1. Wir lassen das Kind auf eigenen Wunsch eine Weile in dem dunklen Vorführungsraum zurück, wo sie sich eine Kolonialoper anschaut und dabei versucht, sich auf dem alten Kinoklappsitz so weit wie möglich zusammenzufalten, indem sie die Sitzfläche hochklappt und ihre Beine in die Luft streckt.

Die Ausstellung von Ulrike Ottinger im Haus der Kulturen der Welt

2. An der Bushaltestelle fragt das Kind, wer größer ist, B oder ich. Wir sind genau gleich groß, antworten wir. Wenn aber B sich auf die Bank stellt? Dann ist sie kleiner als ich, wenn ich auf das Dach der Bushaltestelle klettere, antworte ich. Wie willst du denn auf das Dach kommen, fragt B. Ich klettere auf deine Schultern, sage ich zu ihr. Das Kind trötet inzwischen durch das zusammengerollte Poster und wünscht sich, dass man das Ohr an die andere Öffnung legt.

3. Als wir auf dem Heimweg sind, das Kind, das unsere Hände halten will, zwischen B und mir, sagt sie plötzlich: Ratet mal, wen von euch ich lieber habe? Hm. Keine Ahnung. Beide! sagt sie triumphierend und genießt unsere Erheiterung (und Erleichterung).

4. Für nach dem Essen ist Schokolade versprochen. Vorher tanzt das Kind im Wohnzimmer zu Weihnachtsmusik, mit Schleier, Schleppe und viel Schmuck. Ihren Ballett-Tutu hat sie sich als Krone auf den Kopf gesetzt. Am Esstisch wird Reis und Gemüse aufgetragen. Das Kind stochert im Essen, findet den Reis zu gelb und zu heiß, pickt die Möhrchen heraus und isst sie und fragt nach einer Weile inneren Kampfes: Darf ich die Schokolade schon neben den Teller legen?

5. Das Kind möchte die kleinen Katzen sehen. Ich blättere die kleinen Katzen in meinem Fotoapparat her. Sie sind aber schon nicht mehr klein, sage ich. B zeigt mit den Händen, wie groß die Katzen schon sind. Das Kind betrachtet die Katzenbilder mit entzücktem Lächeln. Und jetzt die große. Ich suche nach der großen Katze in der Kamera. Zoomen, bitte. Und jetzt noch mal die kleinen. Und noch mal die große.

Freitag, 21. Oktober 2011

3 schöne Menschen in Berlin

1. die Friseuse (die ganz einfühlsam immer wieder fragte, ob alles in Ordnung sei und sich alle Zeit der Welt nahm in diesem nach Fließbandprinzip organisierten Salon in der Akazienstraße)

2. der Fußpfleger (der mir erzählte, wie er einmal als kleiner Ex-DDR-Steppke in Altötting einer alten schwarzgekleideten Frau angeboten hatte, ihr beim Kreuztragen zu helfen und mit den Worten "schleich di" weggestampert wurde)

3. der Kinokartenabreißer (der mir das Gefühl gab, wirklich ganz persönlich willkommen zu sein in diesem riesigen, fast vollbesetzten Kinosaal)

'Place your fearful mind in the cradle of loving kindness' (tibetisch: maitri)

Wir sind eine Mischung von etwas, das eigentlich gar nicht so schön ist und doch zutiefst geliebt.

Wer bin ich - die Vogelmutter oder die Vogeljungen? Antwort: Beides.

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Aomames Gesicht

"Die meisten Menschen vermochten Aomames Gesicht nicht richtig zu erfassen. Kaum hatte man den Blick abgewandt, konnte man schon nicht mehr beschreiben, wie sie aussah. Obwohl sie ein ausgesprochen individuelles Gesicht hatte, blieben seine charakteristischen Merkmale aus irgendeinem Grund nicht im Gedächtnis haften. In dieser Hinsicht glich sie einem Insekt mit der ausgeprägten Fähigkeit zur Mimese. Ihre Farbe und Form zu verändern, sich dem Hintergrund entsprechend zu wandeln, möglichst wenig aufzufallen, nicht so leicht wiedererkannt zu werden, genau danach trachtete Aomame, schon seit frühester Kindheit war das ihr Schutzmechanismus." (Haruki Murakami, IQ84)

Berlin my love

1. In der U9 vom Zoologischen Garten zum Friedrich-Wilhelm-Platz saß mir gegenüber ein junger Japaner, mit kurzen Haaren, Jeans, Turnschuhen, beiger Jacke. Was meine Aufmerksamkeit erregte, war der Bleistiftstummel, den er zwischen den Fingern drehte, ein kurzer, schwarzer Bleistiftstummel, offensichtlich mit einer weichen Mine, und von Hand gespitzt. Dann sah ich auch schwarze Flecken an seinen Händen und Unterarmen, wie von Tusche oder Tinte. Auf seinen Knien lag eine Baseballkappe. Nach einer Weile steckte er den Bleistift weg. Er legte die Baseballkappe zusammen und drückte sie fest gegen seine Augen. Die Ellbogen hatte er auf die Knie gestützt. Er saß eine Weile so da, und ich sah, dass auf der Baseballkappe ein gelber Farbfleck war. Er sah nicht traurig aus, eher auf eine verzweifelte Art amüsiert von sich selber. Ich hätte ihn lange ansehen können. Er strahlte eine solche Einfachheit aus. Er hatte keine Tasche bei sich, fiel mir auf, und plötzlich wurde mir bewusst, dass ich nie das Haus ohne Tasche verlasse - dass die Tasche irgendeine Rettungsfunktion hat, dass sie einen Schutz vor der Leere darstellt.

2. Auf den Ansichtskarten im Berliner Buchladen, in dem ich wieder wohnen darf, betrachte ich Bilder von Berlin 1930, Berlin 1944, Berlin vor und kurz nach dem Mauerfall. Diese so oft verletzte Stadt ist vielleicht wegen ihrer Verletztheit, wegen ihrer Fähigkeit zum Neuanfang, ein Sehnsuchtsort für viele Menschen geworden. In Berlin ist es völlig in Ordnung, so zu sein, wie du bist, mit all deinen Verwüstungen, deinem verheerten Innern, mit all deinen Traumen, deinen Spleens, deinen falschen Entscheidungen, deinem Misslingen, deiner Armut. Berlin ist die einzige Stadt, die ich lieben kann, weil sie nie versucht, sich zu einer anderen zu machen, weil sie ihre Schwächen offen zeigt, weil sie gar nicht anders kann, als völlig, hundertprozentig ehrlich zu sein, weil sie nie "passend" ist oder versucht zu glänzen. Meine verdreckte, heruntergekommene, motzige, übernächtige Geliebte.

3. In einem Artikel in der Lettre International las ich, noch in Malmö, vom Verschwinden der Spatzen aus den deutschen Städten. In einem Absatz wird erwähnt, dass Berlin dieses Problem nicht hat, Berlin "mit seinen vielen unbebauten Grundstücken, vernachlässigten Bahndämmen und unrenovierten Altbauten", wo die Spatzen Lebensraum und Futter finden. Vor den Imbissbuden nahe des Berliner Hauptbahnhofs hüpfen diese kleinen geflügelten Stadtbewohner einem vor den Füßen herum und stellen sich auch fordernd auf den Tisch. Wenn einer einen großen Brösel erwischt, fliegt er sofort damit ein Stück weiter weg, damit er ihm nicht von den anderen Spatzen streitig gemacht wird. Keiner der Imbissbudenbesitzer versucht die Spatzen fortzujagen, es wäre auch ganz vergeblich. Auch ein etwas größerer Vogel mit gesprenkelter Brust sitzt vor mir auf der Tischplatte und sieht mich fordernd an. Von meiner Hand will er den Brösel aber auch wieder nicht picken.

4. Ich vergesse völlig die Zeit im Hamburger Bahnhof, tauche ein in die 80er, die 70er Jahre, als Ulay Spitzwegs "Armen Poeten" aus der Neuen Nationalgalerie stahl und dann in Kreuzberg in der Wohnung einer türkischen Gastarbeiterfamilie aufhängte, als Marina Abramovic sechs Stunden lang nackt und mit einem eingehüllten Kopf zu Trommelschlägen tanzte, bis sie vor Erschöpfung zusammenbrach, als Joseph Beuys sich mit einem Koyoten in einen Raum einschließen ließ*, als er in Japan zusammen mit einem strumpfsockerten Nam Jun Paik ein Konzert gab, das hauptsächlich aus den ausgestoßenen Lauten "ö ö ö" bestand (Coyote III), als er in einem Interview mit einem japanischen Anthropologen vom Ätherleib und Astralleib des Menschen, der Pflanzen und der Tiere sprach, als Bruce Nauman sein "Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care" bauen ließ und Lil Picard berichtete, welche Funktion die Perücken in ihrem Leben hatten.


Ausstellungsbesucher klettern in die in den Luft angesiedelten Gärten von Tomás Saraceno, kriechen auf der Plastikhaut herum, legen sich auf den Rücken, legen ihre angestammten Rollen ab.


Ich bin wieder mal so glücklich, so glücklich, ich laufe herum, dankbar über eine Welt, in der man die Bedeutung dieser Dinge akzeptiert und sie honoriert, ihnen Raum zugesteht, Respekt zollt. Kaum verlasse ich den Hamburger Bahnhof, stürzt die Verrücktheit der normalen Welt mit ihren Gesetzen des Kaufens und Verkaufens, des Gekauftwerdens und sich selber Verkaufens wieder über mich herein.

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*Beuys, der wunderbare Beuys, mit dem Koyoten:

Montag, 17. Oktober 2011

Gespräch im Baumarkt

Mann und ich, drücken uns vor den Regalen mit den Klos herum. Er hat schon ein ordentlich verpacktes Klo auf seinem Wägelchen stehen.
Er: Das ist zwar eine Scheiß-Sache, aber man muss es trotzdem haben.
Ich: Sie haben sich ja schon entschieden (deute auf das Klo auf seinem Wägelchen).
Er: Schon, aber ich brauche zwei. Die Frage ist, soll das Rohr nach hinten gehn oder nach unten? Ich glaube, ich nehme von jedem eins.
Ich: Und wieso haben Sie das genommen und nicht das daneben? (Deute mit dem Finger auf das Klo, über das ich nachgrüble, weil es einen "Aktionspreis" hat)
Er: Wegen der Frischefunktion. (Er deutet mit dem Finger auf das kleine Duftbeutelchen, das über "seinem" Ausstellungsklo angebracht ist und das man in eine Spezialhalterung im Spülkasten versenken kann.)
Ich: Ah. Dann viel Glück noch.
Er: Danke, gleichfalls.

Heart of Sadness

"This genuine heart of sadness can teach us great compassion. It can humble us when we're arrogant and soften us when we are unkind. It awakens us when we prefer to sleep and pierces through our indifference. This continual ache of the heart is a blessing that when accepted fully can be shared with all."

(Pema Chödrön)

Sonntag, 16. Oktober 2011

Nach der Lektüre von Arno Grün

Nach meinem Verständnigs von Arno Grün sind hinausgeschriener Schmerz und Wut jedenfalls ein Zeichen für einen Seelenrest, für das Eingeständnis, verletzt worden zu sein. Die Menschen, die nicht in der Lage sind, das idealisierte Bild, das sie von ihren Eltern haben, aufzugeben, sind oft zu erstaunlich gefühlloser Gewalt gegenüber Fremden in der Lage (das ist der kaschierte Hass auf das Eigene, auf sich selbst und damit die internalisierte Lieblosigkeit der Eltern). 

Der Wahnsinn der Normalität – Realismus als Krankheit. Eine grundlegende Theorie zur menschlichen Destruktivität; 1987

Was sich schreibt.

"Endlich bin ich allein. Endlich kann ich schreiben. Endlich bin ich in dem unendlichen Raum meiner Skizzen.

Ich kann nur diese Skizzen schreiben. Und wenn ich es zulasse, dass sie sich schreiben, dann bin ich glücklich."

(Einziger Eintrag in meinem Skizzenbuch im Jahr 2010)

Schieläugiges Leben

"my whole cockeyed life - 
what a beautiful failure"

(Alison Luterman)

Donnerstag, 13. Oktober 2011

enter into the mystery of life

"To live authentically, we have to stop trying to avoid suffering and death by looking for meaning. We have to enter into the mystery of life."

- Ken McLeod: Wake Up To Your Life

dann ist das weinen das wichtige

es ist fürchterlich, dass du aus malmö wegziehst, sagte ich zu j, während ich im schatten neben dem haus vertrocknete blüten abschnitt, es ist wirklich fürchterlich, ich weiß nicht, was ich machen soll, wenn du nicht mehr hier bist.

j sagte, ich träume oft, dass ich weine, und dann ist das weinen das wichtige, und der grund ist nicht mehr so wichtig. sie hat von mir und s geträumt und und dass wir eine auseinandersetzung hatten und dass er sagte, vielleicht sollten wir einfach alles sein lassen, und das war so schlimm, sagte j, dass ich weinen musste.

einen balkon, sagte sie, als sie von dem ort redete, an den sie umziehen wird, ich möchte gern einen balkon haben, oder einen kleinen garten. später dann redete sie von dem haus, das sie einmal haben wird und einem hohen baum mit einer sehr langen schaukel.




Mittwoch, 12. Oktober 2011

Die Zeit tropft unbarmherzig fort

Die Zeit tropft unbarmherzig fort. In meinem Leben ist ständig etwas repa­raturbedürftig, ständig muss ich links und rechts schrauben und flicken und ausbessern und spachteln und nachschneiden, nähen und nageln, und ich wünsche mir die Gelassenheit eines Zen-Mönchs, habe sie aber nicht. 

Dienstag, 11. Oktober 2011

Ist das ein Krankheitszustand? (Aus dem Archiv)

"Kaum hatte ich die Augen geöffnet, war um mich herum alles grau und kalt, was bedeutete, Zeit zum Aufstehn, Katzenfutter aus der Packung löffeln, Kaffee aufgießen, anziehen, Haferbrei löffeln mit der Hand auf der Zeitung, wo ich heute nur die Zwischenräume zwischen den Zeilen lese, Zähneputzen, Tasche packen und tschüs, denn Monica wartet am andern Ende der Stadt auf mich, damit ich mich in ihren Sessel plumpsen lasse und ihr die Ohren vollquassele. Wie es jetzt aussieht in meinem Leben, fragt sie: gut alles sehr gut triumphiere ich aber warte schon darauf, dass hinten das Geröll nachrutscht in der Grube, wo ich jeden Tag vor mich hinschufte mit meiner Stirnlampe, und dann besteht die Gefahr von Einsturz und Absturz, ein Absacken oder Hinuntergleiten, was mir Angst macht, Monica. Deshalb trug ich heute auch meine Arbeitshosen mit insgesamt achtzehn Taschen für Schraubenzieher, Hammer, Zollstock, Telefon, Taschentuch und Zange etc. 


Ich kenn das Muster auf Monicas Teppich auswendig, inklusive Zentimeter- und Millimeterangabe und Materialstärke und Abnutzungsgrad, und vor dem Fenster bauschen sich die Bäume vorm künstlichen Himmel. Fünfundvierzig Minuten lang hab ich ihre Ohren gemietet und der Minutenzeiger hat es verdammt eilig, die 270° hinter sich zu legen. Wieso ich plötzlich Kopfweh krieg, als wäre alles, was aus meinem Mund hinausspaziert, eine große Lüge, Verzeihung, Monica, aber mir wird übel, und nehme eines der säuberlich aufgetürmten Taschentücher, die für Tränen gedacht sind, wische mir aber damit den Schweiß von der Stirn, die Diagnose kann ich mir schon selber stellen, aber können Sie mich verstehn Monica, ich meine wirklich und tief? Eigentlich möchte ich irgendwann mit Ihnen diskutieren, woher mein Bedürfnis kommt, beinahe jedes geschriebene Wort wieder durchzustreichen, so dass es ganz unsichtbar wird, mit kräftigen schwarzen Kreisen und Strichen und einer Hand, die die Kraft zum Töten hätte. Meine Schrift ist nicht schön, nie schön gewesen, und ich habe in der Schule alles versucht, um eine schöne Schrift zu bekommen, jedoch ohne Erfolg.


Kennen Sie die Schülerinnen, die die Überschriften in Farbe schrieben und dann mit Lineal unterstrichen oder auch die (es waren oft die gleichen), die Herze oder Blumen oder Kreise statt der I-Punkte malten? Ich wollte sein wie sie, scheiterte aber, und meine Schulhefte sahen aus wie Kriegsgebiete und nicht wie ein Blumenbeet. Ich sehe alles doppelt so deutlich, als wären meine Augen ein Vergrößerungsglas, ist das ein Krankheitszustand und als solcher heilbar? Und wo kommt diese ganze Traurigkeit her?

Alicia: Hast du ihr wieder nur erzählt, wie toll alles ist, dass du den Rasen gemäht und ein Regal gebaut hast und dass die Rosen immer noch so schön blühen? Ich: Ich hab nichts von deinen alten Rosen gesagt, spinnst du. Alicia: Sind es jetzt auf einmal meine Rosen, dankeschön. Ich: Na und, was willst du eigentlich damit sagen. Alicia: Da hast du auch wieder recht."

Nur ein wenig

Sag mal bitte, Alicia, hat mir Märi jetzt Küsse geschickt oder nur Grüße aus Griechenland oder vielleicht Hugs oder wie das auf Englisch heißt, und wie erleichtert genau ist sie gewesen, als sie gehört hat, dass ich nicht an einer schweren Krankheit leide und wie erschrocken, als sie hörte, dass möglicherweise, und wie hat sie meinen Namen genau ausgesprochen, mit der Betonung eher nach oben oder eher nach unten gerichtet? Fragen über Fragen, könntest du bitte noch einmal von vorne anfangen, weil ich eine solche Genauigkeitssehnsucht habe, wenn es um Märi geht, bitte ganz wortgetreu, erst das erste, dann das zweite Wort usw. und das liegt nicht nur daran, dass sie mir im Sommer ihren Führerschein gezeigt hat mit einem Bild darin, auf dem ihre Lippen sehr trotzig gewölbt sind und das Kinn aufmüpfig nach oben weist, die Augen überheblich in die Kamera schauen, und der Führerschein ist inzwischen ein alter grauer zwischen Daumen und Zeigefinger baumelnder Lappen. Damals hat sie die Welt verändern wollen (ja!) und bis in die Nächte auf der Schreibmaschine geschrieben (ja!). Pfeife (ja! ja!) hat sie außerdem auch geraucht. Die Haare sind jetzt weiß und flattern im Fahrtwind, wenn sie über die griechischen Inselstraßen kurvt und ein bisschen aussieht wie Meryl Streep, fand ich in dem Augenblick, bloß der Eckzahn anders geformt. Und ich hängte mich an ihre Lippen wie eine Kunstturnerin, tauchte mein Weißbrot in den selben Teller wie sie und schleckte hinterher meine Finger ab, beginnend mit dem Daumen und dann der Reihe nach bis zum kleinen Finger. Kannst du das verstehen? Sie hatte Tintenfisch in Weinsoße und gefüllte Zucchiniblüten bestellt, und ihr Mund schloss sich um eine Zucchiniblüte und gab ein leicht saugendes Geräusch von sich, worauf ich noch einen Schluck Weißwein nahm und meinem Kehlkopf beim Schlucken zuhörte. Ich machte also Felgaufschwung, Felgumschwung und noch einige weitere gewagte Reck- und Barrenstückchen à la Märi-Lippe, was gar nicht so einfach war. 


Nach einem Salto rückwärts stand ich wieder auf dem Boden und wankte ein wenig, musste jedoch nicht ausgleichen. Ich dachte, es wäre ein Tischbein, es war aber ihr Fuß mit dem Wanderstiefel dran. Inzwischen hatte ich innerlich schon ca. 73 Fotos von ihr geschossen, die ich, wieder zuhause angekommen, als Überraschung für mich selber und um für den langen Winter ein wenig Zeitvertreib zu haben, in allen möglichen Schränken und Winkeln des Hauses zwischen Buchseiten zwischen Bohnen und Erbsen im Küchenschrank verstecken würde. Märi beim Schwimmen. Märi im Gemüseladen. Märi beim Gartenwässern. Märi beim Griechischreden. Eine Haarsträhne hatte sich in ihrem Mundwinkel verfangen, als sie mit der Gießkanne durch den Garten ging, und das dauerte bei der Größe des Gartens so lange, dass ich währenddessen auf meinem Stuhl unterm Olivenbaum Zeit hatte, ungefähr eintausend verschiedene Gedanken zu denken, und sie blies sich die Haarsträhne aus dem Gesicht, half mit der Zungenspitze nach. Das Tuch über der Brust verknotet. 
Ist dir warm? 
Nur ein wenig.

Montag, 10. Oktober 2011

Was sagst du?


Ich glaub, ich rannte in jener einen Nacht die steile Straße zwischen Burg und Meer 7 Mal hinauf und wieder hinunter, überquerte sogar den Friedhof ca. 4 Mal, obwohl Neumond war und ich nicht sah, wo ich den Fuß hinsetzte und auch um Mitternacht noch eine Brutwärme herrschte, hockte mich dann aufs Friedhofsmäuerchen und wartete auf ein Wunder, nämlich dass ein Auto um die Kurve böge, aus dem eine weiße Haarmähne herauswehte, und mich gleich mitnähme auf die nächtliche Bootsfahrt unterm Sternenhimmel. Da stünden wir an die Reling gelehnt, würden nicht sprechen, bloß vor uns hin atmen und dann plötzlich sehn, wie ein Delphin ein paar Meter weiter aus dem Wasser spränge in einem Bogen und dann wieder untertauchte, beinah lautlos, und von der Dunkelheit vom Wasser verschluckt und ein wenig Sternengeprassel auf den Wellen. Märi: Was sagst du? Nach einer sehr langen Pause sagte ich was. 


(Wieso staksen die Sätze aus meinem Mund, als gingen sie auf Stelzen? Kannst du durch meine Unbeholfenheit hindurch direkt in mein Herz schauen, Märi?)

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Herbstheimlichkeit

Mit lehmigen Schuhen stapfe ich im Garten herum, die Kapuze des Anoraks in die Stirn gezogen. Ich richte die Blumentöpfe auf, die der Herbstwind umgeweht hat.

Die Katze verkriecht sich im Kleiderschrank.

Am Radio wird der Literaturnobelpreisträger dieses Jahres verkündet. Ich blase auf den heißen Tee in meiner Tasse.

Ein Teil von mir lächelt. Und der andere?

Dienstag, 4. Oktober 2011

Im Niemandsland leben

"To be fully alive, fully human, and completely awake is to be continually thrown out of the nest. To live fully is to be always in no-man's land, to experience each moment as completely new and fresh. To live is to be willing to die over and over again. From the awakened point of view, that's life."

(Pema Chödrön, teacher at Gampo Abbey, in Cape Breton, Nova Scotia, the first Tibetan monastery in North America)


Riding On A Bus, Gansu Province, Northern China, 1988

Montag, 3. Oktober 2011

Es gab einen lichten Anfang

Es gab einen lichten Anfang. Es gab einen Anfang ohne jegliche Berechnung. Es gab den offenen Himmel, es gab eine wortlose Leichtigkeit.

Dann kam die Nähe und legte ihre schweren Hände auf die Stunden. Es war Winter, es war Nacht, der Schnee fiel unaufhörlich vor dem Fenster.

Sonntag, 2. Oktober 2011

Ein Besuch

Sie hat vieles vergessen. Wie sie auf der Station 1B im Krankenhaus St.Lars gelandet ist z.B. Wann ihre Mutter gestorben ist. Den PIN-Kod ihres Handys.
Wir laufen eine Runde im Stadtpark. Sie versucht sich zu orientieren.
"Hier bin ich schon einmal gewesen, vor vielen Jahren", sagt sie, "aber ich würde mich allein nicht zurechtfinden."
Erinnerst du dich an deine Freunde?
"Ja,ja! Ich weiß auch, dass ich deine Wohnung mag, dass sie irgendwie besonders ist, aber ich habe vergessen, wie sie aussieht."
Wir sammeln einige Daten. Wir waren in Indien dieses Jahr, weißt du noch?!
Ich erinnere sie daran, was sie am Wochenende vor vierzehn Tagen gemacht hat.
"Habe ich das?" Sie sieht schrecklich verloren aus. "Ja, das habe ich wohl."

Samstag, 1. Oktober 2011

Freitag, 30. September 2011

Nebliges Morgenglück

Selig lausche ich dem Gurgeln des Espressokochers.
Selig lege ich einen Stapel Bücher auf den Tisch.
Ich lasse mich nieder im Bodenlosen.



Donnerstag, 29. September 2011

Mittwoch, 28. September 2011

wie es ist



septembernachmittag: ich sitze im garten
ich trinke tee und esse kuchen
und denke über etwas nach
was ich am radio gehört habe

eine dichterin wurde gefragt
ob sie vorhat zu bleiben wo sie ist
ein platz an dem sie geboren wurde
und wo sie seitdem gelebt hat

ja antwortete die dichterin
(man hörte sie ins mikrofon lachen)
natürlich sagte sie bleibe ich
ich habe keine andere wahl

manches was ich schreibe
ruft einen wunsch in mir hervor
mich zu erbrechen sagte sie auch
aber anderes hinterlässt ein gutes gefühl

und dann: ich schreibe für mich selber
also ist das was ich schreibe
jedenfalls für einen menschen gut
und das reicht eigentlich

selbst habe ich nie vorgehabt
da zu bleiben wo ich gerade bin
aber ich kenne die übelkeit
und auch das gute gefühl kenne ich

und plötzlich habe ich große lust
alles einfach so zu sagen wie es ist
auch wenn ich mir nicht immer
ganz sicher bin wie es eigentlich ist



Bist du das?



Bist du das? fragte er.
Er saß auf der Bettkante, und ich ging vor ihm in die Hocke.
Sein Gesicht war ganz dicht vor dem meinen. Er hatte sich verändert, war breiter geworden, aber ich erkannte ihn trotzdem sofort.
Ich wollte nicht, dass er glaubte, ich hätte diesen Besuch geplant. Ich war wirklich rein zufällig vorbeigekommen und hatte plötzlich seine Stimme aus einem kleinen Lautsprecher gehört.
Bloß wo war die Frau, mit der er gerade gesprochen hatte? War es nicht sogar ein Streit gewesen?
Er sah mich erschöpft an und sagte, es ist gut, dass du kommst. Du kommst genau im richtigen Augenblick.

Hausaufgabe

What is lovingkindness?



What is compassion?



What is joy?



What is equanimity?



Formuliere es mit deinen eigenen Worten!

Montag, 26. September 2011

Das Monster

(An manchen Tagen schaut man in den Spiegel und sieht ein Monster. Man schaut kurz weg und dann wieder hin: immer noch das gleiche Monster. Man rückt den Spiegel zurecht, stellt sich in einem anderen Winkel hin: nichts zu machen, das Monster ist immer noch da. Es bleibt einem nur eine Möglichkeit: sich mit dem Monster bekannt machen, vielleicht sogar mit ihm Freundschaft schließen.)

Samstag, 24. September 2011

So ein Traumleben


Ich sage zu ihr, ich muss jetzt mein Buch nehmen und einen Satz unterstreichen, und ich nehme mein Buch vom Tisch und blättere ein wenig, bis ich die Stelle finde, an die ich denke, und dann nehme ich einen Bleistift und unterstreiche die Stelle und halte das Buch so, dass sie es lesen kann. Sie liest den Satz, und dann versetzt sie mir mit ihrer Faust einen kleinen Hieb in meine rechte Seite, und ich nehme das als ein Zeichen dafür, dass der Satz sie freut.
Der Satz lautet: „I just want you to know that you’re very special.“

Donnerstag, 22. September 2011

Touching that soft spot

In each of us, there's a lot of softness, a lot of heart. Touching that soft spot has to be the starting place.
(Pema Chödrön: When Things Fall Apart. Heart Advice For Difficult Times)

Mittwoch, 21. September 2011

Vogeltod

Heute wollte ich mutig sein und dem kleinen Vogel, der zitternd und mit gebrochenem Hals auf der Türmatte lag, sein Leiden verkürzen. Ich trug ihn nach draußen, legte ihn auf einen Stein, nahm einen Hammer und schlug ihm auf den Kopf, der ohne einen Widerstand zerbrach. Der Vogel zuckte noch ein paar Mal, bevor er endlich regungslos dalag. Weinend begrub ich ihn, weinend saß ich ein paar Minuten lang auf einem Gartenstuhl, diesen kleinen flaumenweichen Tod betrauernd.

Dienstag, 20. September 2011

es war wirklich eine seltsame nacht

als meine schwester meine schnürsenkel so grob band
meine bunten schnürsenkel zu einem unförmigen knoten
auf meinen turnschuhen - und ich durfte nicht
mit dem computerspiel spielen, das ich bekommen hatte
durfte mir nicht den durchsichtigen plastikhelm aufsetzen
ich sollte nach zwei mördern suchen flüsterte sie in mein ohr
"willst du dich nicht endlich nützlich machen"
welche mörder fragte ich - bekam aber keine antwort

Montag, 19. September 2011

I & II

I
andauernd
wächst das gras
kaum dreh ich mich um
steht es schon wieder
ein stück höher

 
II

wo ich bin
weiß ich selber nicht
wo du mich findest
verschwommen
hinter der glasscheibe
im ramsch wühlend
in den abgelegten bildern
fremder leben


Donnerstag, 15. September 2011

mehr von inger christensen

livet, luften vi indånder findes 
en lethed i alt, en lighed i alt, 
en ligning, et åbent bevægeligt udsagn 
i alt, og mens træ efter træ bruser op i 
den tidlige sommer, en lidenskab, lidenskab 
i alt (...) 
 
 
das leben, die luft die wir einatmen gibt es
eine leichtigkeit in allem, eine gleichheit in allem,
eine gleichung, eine offen bewegliche aussage
in allem, und während baum um baum hinaufbraust in
den frühen sommer, eine leidenschaft, leidenschaft
in allem (...)


See sep 14, 2010

"Room with my soul left out, room that does not care."

Bruce-Naumann-Ausstellung im Hamburger Bahnhof 2010


(1 Jahr ist vergangen seitdem. 1 Jahr lang hab ich diesen Satz gelebt.)

Dienstag, 13. September 2011

Da Bleiben

There comes a time when the bubble of ego is popped and you can’t get the ground back for an extended period of time. Those times, when you absolutely cannot get it back together, are the most rich and powerful times in our lives.

– from Shambhala Mountain Center’s Learning to Stay, 2003 (Pema Chödrön)
 

eddiken findes

den herbst gibt es; den nachgeschmack und das nachdenken
gibt es; und das insichgehn gibt es; die engel,
die witwen und den elch gibt es; die einzelheiten
gibt es, die erinnerung, das licht der erinnerung;
und das nachleuchten gibt es, die eiche und die ulme
gibt es, und den wacholderbusch, die gleichheit, die einsamkeit
gibt es, und die eiderente und die spinne gibt es,
und den essig gibt es, und die nachwelt, die nachwelt
 
Engel (Rembrandt)
 
efteråret findes; eftersmagen og eftertanken
findes; og enrummet findes; englene, 
enkerne og elsdyret findes; enkelthederne 
findes, erindringen, erindringens lys;
og efterlyset findes, egetræet og elmetræet 
findes, og enebærbusken, ensheden, ensomheden 
findes, og edderfuglen og edderkoppen findes,
og eddiken findes, og eftertiden, eftertiden
 
 
(Aus: Inger Christensen, Alphabet) 
 
die wunderbare Inger Christensen, wie ich sie vor einigen Jahren in Berlin sah und aus Alphabet lesen hörte

Donnerstag, 8. September 2011

Der große Körper der Abwesenheit

"auch wenn ich nach dir rufen könnte, singe ich mit geschlossenem Mund"

(Mirkka Rekola)

das Haus bebt im Wasser

Mittwoch, 7. September 2011

vorspiel & froh


(by Fritz Kreisler)

Freitag, 2. September 2011

Admit what you're feeling

Ich fand eine alte Nachricht heute. Ich hielt sie in der Hand, las sie durch, faltete sie dann mehrmals hart und legte sie in ein Buch. Dann nahm ich sie noch einmal hervor, las sie noch einmal. Obwohl ich sie schon so oft gelesen habe und schon lange auswendig kann, las ich noch einmal jedes Wort langsam und sorgfältig, als könnte ich auf diese Weise begreifen, was geschehen ist und jetzt noch mit mir geschieht, aber ich begriff nichts, fühlte nur, wie weh es mir tat, diese alte Nachricht zu finden, die mich damals so froh machte. Wie einen Gruß aus einer Welt, die damals lebendig war und warm, die jetzt aber tot ist.

Donnerstag, 1. September 2011

Die verliebte Elster

Eine Elster war in einen Grauspatzen verliebt und lud ihn zum Nachmittagskaffee ein. Dazu hatte sie einen Apfelkuchen gebacken.

Am nächsten Tag stahl sie das Tagebuch des Grauspatzen und las: „War bei der Elster zum Kaffetrinken eingeladen. Es gab Apfelkuchen.“

„War kein Apfelkuchen! War kein Apfelkuchen!“, schrie die Elster, aus Angst, ihre Gefühle zu verraten.

auch Elstern haben ein Herz




Mittwoch, 31. August 2011

No-current and yes-current

Von dem Buch, das mir gestern abend vor dem Einschlafen aus der Hand fiel, ist mir noch in Erinnerung geblieben, dass es besser ist mit einem "Ja" als mit einem "Nein".
Weil das "Nein" blockiert und das "Ja" öffnet. Weil das "Nein" schwächt und das "Ja" stärkt. Weil das "Nein" verbittert und das "Ja" mitreißt.
(Das Buch war "Fear No Evil" von Eva Pierrakos)

tschüs angst
tschüs warten

Sonntag, 28. August 2011

Versuch, etwas zu verstehen


"Wie kann ich meine Atemnot erklären? Vielleicht habe ich die ganze Zeit versucht, eine Luft zu atmen, die nicht meine eigene war."

Freitag, 26. August 2011

Mittwoch, 24. August 2011

Zärtlichkeit

"The tenderness for life awakens when we no longer shield ourselves from the vulnerability of our condition, from the basic fragility of existence." Pema Chodron

Sie sagte:

"Ich möchte jemanden treffen, der sein Herz schon geöffnet hat."
"Ich bin misstrauisch, diesen Schaden werde ich nicht wieder los, wer mich kriegt, kriegt das mit dazu."
"Ich mag kleine Brüste, vielleicht, weil meine eigenen so groß sind, ach, eigentlich ist es mir egal."
"Wenn ich auf einen Mann scharf bin, dann obwohl er ein Mann ist."
"Ich möchte ein Zuhause, jemanden, mit dem ich ganz normal zusammen sein kann. Aber gerne viel Sex, bitte."

geöffnetes herz

Montag, 22. August 2011

ALL TIME FAVOURITE FILM

Diesen Film mag ich, weil in ihm so wenig geredet wird. Weil viele Szenen sich in halbdunklen Räumen abspielen. Weil die Filmidee so verrückt ist. Weil er mir Lust auf die kleinen Dinge im Leben macht. Weil er mir überhaupt Lust aufs Leben macht. Weil mir der Hauptdarsteller gefällt.

Dienstag, 16. August 2011

In Seved leben

Die Blumenkästen aus Beton, die zur Absperrung und Verkehrsberuhigung der Strasse aufgestellt wurden, sind schon umgekippt, ausgeleert, zerbrochen, die Blumen zertrampelt. Um diese traurigen Reste weht der übliche Alltagsmüll, die achtlos weggeworfenen Packungen von Schokoriegeln, Chips, Fruchtgummis etc. Jemand versucht vergeblich doch hartnäckig ein Auto zu starten.

Nimm ein Buch, schlag es auf

"Die Sprache ist eine Haut: ich reibe meine Sprache an einer anderen. So als hätte ich Worte anstelle von Fingern oder Finger an den Enden meiner Worte." (Roland Barthes: Fragmente einer Sprache der Liebe, S. 162)


Montag, 15. August 2011

Manchmal...


...wache ich am Morgen mit dem Gefühl auf, dass der Rest des Lebens vor mir liegt wie eine noch unbekannte Landschaft, die ich allmählich, Schritt für Schritt, erforschen kann. Es ist ein gutes Gefühl an einem guten Morgen.

Donnerstag, 11. August 2011

Sie hat bisher nie davon geträumt

Sie hat bisher noch kein einziges Mal davon geträumt, dass sie im Rollstuhl sitzt. In ihren Träumen kann sie gehen, aber sie wacht inzwischen nicht mehr auf und glaubt, dass sie es auch in Wirklichkeit kann.
Es ist verdammt unwirklich, sagt sie, aber es ist mein Leben. 

So

"So, this is my life. And I want you to know that I am both happy and sad and I'm still trying to figure out how that could be."


 (stephen chbosky: the perks of being a wallflower)




Montag, 8. August 2011

"Why these mountains? Why this sky? This long road. This empty room."

Irgendwie habe ich in den letzten Monaten ständig unbewusst nach diesen Worten gesucht (Worte, die seit fast dreißig Jahren in einer Windung meines Gehirns, in einer Falte meines Herzens gesessen haben), und heute bin ich endlich drübergestolpert:

"You can dance. You can make me laugh. You've got x-ray eyes.
You know how to sing. You're a diplomat. You've got it all.
Everybody loves you.
You can charm the birds out of the sky. But I, I've got one thing.
You always know just what to say. And when to go.
But I've got one thing. You can see in the dark.
But I've got one thing: I loved you better."


Fundstück noch vor dem Frühstück

This is the critical moment

when a swell of ocean turns

its edge to foam.



- Rumi

Sonntag, 7. August 2011

Die Farbe Rot


Der große Wiesenknopf vor dem Fenster wiegt im Abendwind.
 
Ich bin heute auf eine vorsichtige Weise froh.

Sonntag, 31. Juli 2011

Into the inner wilderness

"The heart that is not in love will fail the test." (Rumi)

Ich weinte über alles, was ich in meinem Leben bereits verloren habe und über alles, was ich noch verlieren werde.

Mittwoch, 27. Juli 2011

Donnerstag, 21. Juli 2011

Lesbos 13/12 2021

Am Morgen wachte ich zum Plätschern des Regens auf. Machte mir Kaffee, schmierte mir Brote, packte eine Portion gesalzene Oliven in den Ruck...