Freitag, 3. April 2020

XXIII - 31.März


22:21


Seit ich gestern bei Theodosos zum Einkaufen war, wieder diese mahlende Unruhe. Die engen Gänge im Laden, meine eigene Unfähigkeit zu warten. Ich drängte mich mit anderen in dem kleinen Raum, in dem die Haushaltswaren und die Katzenfuttersäcke sind, drückte mich mehrmals an einer jüngeren Frau vorbei, wir lächelten uns an, wie um uns gegenseitig zu beruhigen, aber trotzdem. Eine Kundin hatte einen Mundschutz an. Ich hielt den Atem an, wenn ich jemandem nahe kam, aber hat das denn Sinn?

Wovor habe ich eigentlich Angst? Davor, angesteckt zu werden oder davor, jemanden anzustecken? Dass ich Virusträgerin bin, ist eigentlich momentan so gut wie ausgeschlossen, war es jedenfalls vor meinem Besuch im Lebensmittelladen.

Füllte zwei Einkaufskörbe mit Mehl, Milch, Joghurt, Eiern, Apfelsaft, Retsina, Honig, kiloweise Katzenfutter, mehr Espresso, Gemüse, Feta, Obst, Haferflocken, Nüssen, Ingwer. Theodosos forderte einen jungen Mann, der neben mir stand, auf, meine Körbe auf die Theke zu stellen, und ich protestierte nicht. Wie geht es P? wollte er wissen. Es geht ihr wieder gut. Ihm geht es auch gut. Die Stimmung ist entspannt. Die Helfer im Laden haben jetzt ihre Masken abgelegt oder unters Kinn gezogen.

Als ich wieder zu Hause bin und alles in die Schränke und den frisch abgetauten Kühlschrank lege, habe ich ein Gefühl von Reichtum,  aber auch die Sorge, dass ich etwas Wichtiges vergessen haben könnte. Als ich später die Einkaufsliste kontrolliere, fällt mir auf, dass ich vergessen habe, Orangen in den Korb zu legen, weil ich von etwas anderem abgelenkt wurde.

Gestern (und heute) die Angst, mein Computer (= die Festplatte) sei dabei, den Geist aufzugeben. Und das grade jetzt, wo ich zwei Internetkurse am Laufen habe und auch für meine Arbeit am A-Text auf den Computer angewiesen bin. Der alte Asus hat aber dann seine Festplatte selber und sehr langsam vor sich hin ruckelnd repariert.

Traf Frans, der an Elisabeths Haus rumbastelte, und fragte ihn, ob er eventuell das Gras bei uns mähen würde, wenn es so weit wäre. Natürlich. Wir redeten ein wenig. Er wollte eigentlich schon im letzten Jahr weg von der Insel, war wohl auch schon weg, ist aber jetzt wieder hier. Hat mit seiner Ex-Freundin einen Second Hand-Laden in Petra, der aber jetzt natürlich nicht läuft. Selbständige bekommen vom Staat 600 Euro, wegen der Verdienstausfälle, das hat er jetzt beantragt. Ein Mentor unterstützt ihn, wenn er in Petra eine Kneipe aufmacht. Ist aber jetzt nicht drin. Ein paar Monate reicht das Geld noch. Ich freue mich aber trotzdem am Leben, sagt er.

Stellte nach dem Mittagessen den neuen Kurs ("Schreiben im Jetzt") ins Internet. Es kostet eine ungeheure Kraftanstrengung, so einen Kurs zum Laufen zu bringen, aber dann rollt er mehr oder weniger von selber weiter. 

In Schweden steigen jetzt offensichtlich die Krankenzahlen rapide an. Gestern habe ich auch für meinen zweiten Flug einen Voucher beantragt. Ich schaute außerdem nach, wie die Flugsituation Anfang Mai aussieht. Laut Internet könnte ich mit der Fähre nach Piräus fahren und dann z.B. einen günstigen Flug nach München nehmen. Für den 5. Mai habe ich noch eine Zugfahrkarte von Regensburg nach Kopenhagen, die sonst verfällt. Es ist aber vielleicht blauäugig zu glauben, dass ich in einem Monat über Dänemark reisen kann. Es zieht mich ja nichts weg von hier.

Ich habe wieder ein Brot im Ofen.

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