Montag, 13. April 2020

XXX - 10.April


2020/04/10 18:36

Heute die erste schlechte Nacht, seit ich hier bin. Es lag daran, dass Caesarion die ganze Nacht schrie. Ich wollte ihn aber nicht rausstampern, weil ich das Gefühl hatte, dass es ihm schlecht ging. In der Früh dann der Versuch, ihm die Antibiotika-Tablette mit Joghurt zu verabreichen. Gestern funktionierte es noch, heute verschmähte er die rosa Mischung. Auf allen Vieren kroch ich hinter ihm her und schmierte Joghurt auf seine Tatzen und schaute dann zu, dass er nicht aufs Bett sprang, bevor er sie nicht abgeleckt hatte. Trotzdem war noch eine große Portion Joghurtmedizin übrig. Gerade habe ich sie weggeworfen. Heute Abend versuche ich es mit der Handtuchmethode: Katze in Handtuch einwickeln, so dass nur noch der Kopf rausschaut. Maul öffnen, Tablette reinwerfen.

Verkehrte Welt: Punxy macht sich über Caesarions Spezialfutter mit großem Appetit her, ihn muss ich dazu überlisten (und selbst dann frisst er nicht).

Karfreitag. Nach dem anstrengenden gestrigen Tag (Radtour nach Petra, Caesarion abholen, dann zurückradeln, nachmittags Tanzworkshop mit Vor- und Nachbereitung, dann Betreuung meiner Schreibkurse, bei denen ich mich auch ein wenig im Schwitzkasten fühle) und der fürchterlichen Nacht mit gefühlten 0 Minuten Schlaf nahm ich mir vor, diesen Tag einfach kommen und gehen zu lassen. Schließlich jätete ich etwas Unkraut im Hochbeet und unter dem Olivenbaum, grub eine tote Rosenwurzel aus und grub eine andere, größere an, leerte endlich den Kleiderschrank aus räumte ihn dann ordentlich wieder ein. Machte die Salzkruste an der Türschwelle weg, die noch vom November hier ist. Das Salz hält die petroleumstinkenden Tausendfüßler ab, die bei feuchtem Wetter in großer Zahl ins Haus gekrochen kommen. Schlief einen anstrengenden Schlaf auf einer der Sonnenliegen. Las den Krimi "Rot auf Schwarz" aus und fing einen London-Magie-Krimi von Ben Aaronovich an. Ich habe zurzeit einfach keine Lust auf schwerere Kost. Dann sortierte ich Wäsche, brachte sie in den Waschkeller und setzte eine Ladung in Gang. Lag dazwischen wieder todmüde auf dem Bett herum, habe aber jetzt trotzdem das Gefühl, dass der Tag nicht ganz umsonst war.

Großeinkauf gestern bei Theodosos, der guter Dinge war. Wieder einmal fragte er, wie viele Katzen ich habe. Drei plus eins, sagte ich. Und dann noch drei, die ich als "Gäste" betrachte. Insgesamt also füttere ich sieben Katzen.

Traf gestern in Molivos zwei Touristen aus Berlin (typische alternative Berliner Jungmenschen, offen und interessiert). Sie saßen auf der Treppe vor dem Bankomat, wir kamen ins Gespräch. Sie seien in Marokko gewesen, wollten jetzt nur nach Hause. Wohnten bei einem Freund in Mytilini, jetzt auf einem Tagesbesuch im ausgestorbenen Molivos. Über Zürich könnten sie zurückfliegen, erzählten sie.

Immer wieder kriege ich besorgte Fragen wegen Moria. Als wäre Lesbos nur Moria, als wäre nichts anderes auf der Insel von Interesse als Moria. Als sie die ganze Insel durch Moria diskreditiert. Die Wahrnehmung der Insel Lesbos wird komplett von Moria dominiert.

Am Mittwoch nähte ich eine Mund-Nasen-Maske. Es dauerte den ganzen Nachmittag, ich machte drei Versuche, mit verschiedenen Stoffen und Modellen, unterbrochen von meinem Mahamudra-Kurs, bei dem ich wieder, in Schals und Decken eingewickelt, im Teepavillon saß, mit einer Thermosflasche heißem Wasser und einem Teebeutel Ingwer-Zitrone, den ich im Schrank gefunden hatte. Danach das Chaos meines Nähwahnsinns beseitigt, Stecknadeln, die auf den Boden gefallen waren, überall Stoffreste, Nähfadenstücke, Bügeleisen, Bügelbrett, Scheren, Auftrenner etc. etc. Konnte mir noch nicht vorstellen, dass ich sie einmal aufsetzen würde. Aber schon am nächsten Tag in der Tierarztpraxis in Petra kam sie zum Einsatz, und wenig später im Lebensmittelladen.
Es laufen hier schon länger Menschen mit Masken herum, fast immer Frauen, eigentlich hebt niemand auch nur eine Augenbraue. Man hat es ja jetzt auch in den Medien zur Genüge gesehen. Im Internet haben sich Mund-Nase-Masken zu einem modischen Accessoire entwickelt. Mein Instagram-Feed füllt sich mit selbstgenähten Mund-Nasen-Masken in allen Formen, Mustern, Farben.

Jetzt müde. Bett.   



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