Montag, 4. November 2019

4/11

Giannis kommt am Morgen mit seiner Motorsäge, um den Baum auf dem Nachbargrundstück zu beschneiden, der aussieht, als würde er nicht mehr lange leben. Wenn an den Schnittstellen im Frühling nichts mehr nachwächst, muss er ganz gefällt werden.

Die Nachbarinnen U und T stehen daneben und sehen unglücklich aus, auch wegen dem logistischen Problem, das die abgeschnittenen Äste jetzt darstellen.

Stelle im Keller gemeinsam mit B die Zeitschaltuhr für die Heizung ein.

B und I reisen morgen ab. Sie lassen mir ihre Lebensmittel hier und auch das Gift, mit dem ich die Insekten besprühen soll, die momentan das Haus invadieren. Ich darf ihre Apfelsinen vom Baum pflücken und essen.

Bald bin ich ganz alleine hier.

Es ist Regen angesagt für heute. Es ist bewölkt und windig. Eine seltsame drückende Wärme. Am frühen Morgen bereits 20 Grad. Kurz kommen am frühen Nachmittag dicke Regentropfen vom Himmel, dann ist es wieder vorbei. Jetzt sind gerade einige lange Donnerschläge zu hören gewesem. Es blitzt. Etwas steht kurz vor dem Ausbruch, aber es passiert nicht. Vielleicht ist deshalb meine Stimmung heute so gedrückt.

Gehe mittags zu Ignatius zum Essen, nach meiner Arbeit. Wie erwartet, sitzt auch Ch. dort, vor einem Glas Wein, ein Buch in der Hand. Ich setze mich zu ihr, bestelle kleine frittierte Fische, einen gemischten Salat, ein Glas Wein, Wasser.

Ch. redet viel, wie immer, über Gott und die Welt. Als hätte jemand einen Stöpsel gezogen. Ich höre zu, während ich die kleinen Fische mit den Fingern esse, die Köpfe abzupfe, das Fleisch abziehe, das Rückgrat entferne, meine fettigen Finger hin und wieder an einer Serviette abwische, um einen Schluck von meinem Wein zu trinken oder etwas Salat zu essen.

Als ich mit dem Essen fertig bin, schickt einer der Gäste zwei weitere Gläser Wein an unseren Tisch. Ich bin es nicht gewöhnt, so viel zu trinken, kann den Wein aber auch nicht stehen lassen, es wäre unhöflich. Wir dürfen auch ein Stück von dem Riesenpilz probieren, den der Mann heute früh im Wald gefunden und den die Tavernenbesitzerin und Köchin jetzt für ihn und seine Freunde frittiert hat. Er schmeckt delikat, ist zart und weich.

Gehe zu Theodosos einkaufen. Er fragt mich, wie es mit meinem Griechisch aussieht. Ich arbeite dran, sage ich. Ich kaufe Milch, Haferflocken, Zutaten für griechischen Salat, Wein und Wasser. Hinterher habe ich das Gefühl, dass ich zu laut geredet habe, dass er vielleicht gemerkt hat, dass ich mitten am Tag zu viel getrunken habe.

Eine Zeichnung vom Olivenbaum, dann von den griechischen Hausschuhen.

Hole mit der Taschenlampe Wasser im Kanister vom Brunnen der Nachbarn.

Mache mir einen Kakao, um meine Stimmung etwas zu heben.

Es dauert ewig, all das hier aufzuschreiben.

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