Donnerstag, 18. November 2021

Lesbos 7/11/2021 Abends

Fuhr mit dem Fahrrad nach Eftalou, wusste es aber nicht, bevor ich dorthin auf dem Weg war. Es war wieder ein warmer, sonniger Tag. Ich hatte den vagen Plan, etwas zu malen. Nachdem der Anas-Text jetzt abgeschlossen ist, habe ich wieder ein Gefühl der Freiheit zurückbekommen (obwohl ich heute früh im Bett auf dem Handy durch den Text scrollte und sofort mindestens zwanzig Stellen fand, an denen ich etwas ändern wollte). Erst als ich am Strand angekommen war, der bei dem alten Kloster liegt, war mir klar, dass es das war, was ich wollte. Ich hatte keine Badekleider dabei, doch da weit und breit niemand zu sehen war, ging ich nackt in das leuchtend blaue Wasser. Hinterher malte ich ein Bild von der Strandlinie. Ich hatte einen blauen Gouache-Untergrund auf einer Seite, von einem übermalten Bild, und verwendete ihn. Die Farben wurden so dunkel, dass es eher aussah wie ein Nachtbild. Zu Hause malte ich dann noch einen Mond in den Himmel und ließ ihn sich im Wasser spiegeln, Ziemlich scheußlich. Kaufte ein wenig Gemüse bei der albanischen Familie mit dem Wohnwagen, aber zu Hause angekommen, sah ich, dass der Salat total verwelkt war. Bin mal wieder zu dummfreundlich gewesen, um mir den Salat genau anzuschauen, obwohl er schon einen ziemlich schlappen Eindruck auf mich machte. Machte mir Lauch mit Broccoli und Tomaten, dazu Reis und eine der Bauernwürste, die P ins Gefrierfach gelegt hatte und die gegessen werden müssen. Ein langweiliges Essen. Saß mit kurzen Ärmeln auf der Terrasse, las Arundhati Roy, Das Ministerium des äußersten Glücks, begeistert. Wusch insgesamt vier Trommeln Wäsche heute, aber die vierte Trommel habe ich noch nicht hochgeholt. Als es kühl wurde, machte ich mich an ein Bild, das ich noch unfertig aus Schweden mitgebracht hatte. Etwas leidenschaftslos, aber penibel, malte ich es fertig. Ich muss noch sieben oder acht Bilder malen, vielleicht schaffe ich jeden zweiten Tag eines, dann bin ich in zwei Wochen damit fertig.

Louis ist schrecklich anhänglich. Aus der scheuen Katze, der man sich kaum nähern konnte, ist ein Schmusekater geworden. Er genießt es, im Haus zu sein. Wenn ich nicht aufpasse, wird er sich fett fressen, weil er ständig Futter haben will. Mit dem Burschen habe ich im Frühjahr eine Busfahrt nach Mytilini unternommen, weil seine Kastrationswunde sich entzündet hatte und eiterte. Jeden Tag habe ich ihm Augensalbe verpasst, weil das eine Auge trübe war. Und vor meiner Abreise habe ich ihn in der Klinik abgegeben, damit man dort die Augenbehandlung fortsetzen konnte. Das Auge ist immer noch trübe, aber es ist besser geworden, und Myrsini sagt, dass er damit trotzdem sehen kann. So viele Sorgen, andauernd. Jetzt wieder einmal Cleo, die auf einem Bastkissen liegt und schnurrt. Und jedes Mal denke ich ans Schlimmste, male mir Schreckens-Szenarios aus.

Hinterher an den Socken gestrickt. Meine Abendroutine. Nur ein paar Reihen jeden Tag, dann sind sie auch irgendwann fertig. Einen habe ich schon an, am anderen Fuß friere ich.

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