Dienstag, 14. Dezember 2021

Lesbos 6/12 2021

2021/12/06 14:26
Nachgetragen:

Am Freitag: Besuch in Kalloní, Uhr repariert bekommen, Katzenfutter gekauft. Cafébesuch. Im Bus Laura aus San Francisco kennengelernt.

Am Samstag: Rundgang im Dorf, Einkaufen, gegen Abend Spaziergang um den Berg herum. Doppelter Regenbogen, Bad im Meer. Dann ein "Webinar": "When meditation doesn't work", mit Club Soda im Café Perasma.

Am Sonntag: Lange Rundwanderung mit J und C, von Vafios zum Profeten Elias und zurück - hinterher zum Essen nach Skala Sikaminia. J war schlecht gelaunt und beleidigt, weil in der Taverne das meiste Essen schon aus war (wir waren spät dran).

Heute, Montag: Regenbogen über Molivos. Busfahrt nach Petra (einziger Passagier im Bus), Besuch in der Tierarztpraxis. Anti-Durchfall-Medizin für Tiny aka Sophia aka Sassy. Cafébesuch. 

Die Geschichte von Laura aus San Francisco, die ich auf der Busfahrt nach Kalloní kennenlernte, wo wir die einzigen Passagiere im Bus waren. Sie kam hierher Anfang 2016, um im Flüchtlingszentrum zu helfen. Der einzige Mensch, dem sie an ihrem ersten Tag begegnete, war ein Mann, der einen Raum ausmalte. Sie fragte ihn, ob sie ihm helfen sollte, und er drückte ihr einen Pinsel in die Hand. Sie habe gedacht, er sei der Chef, aber er war "nur" der Handy-Man. Sie verstand, dass er eigentlich Schafbauer war und fragte, ob sie einmal bei ihm vorbeikommen könne. Er nahm sie schon am selben Tag mit zu sich. Der Rest ist Geschichte, sagt sie.  

Heute sind sie verheiratet. Sie hat sich bemüht, Griechisch zu lernen, und er hat sich bemüht, Englisch zu lernen, aber keiner von ihnen beherrscht die Sprache des anderen so gut, dass wirklich miteinander reden könnten. Wenn sie nach Athen kommt und dort Griechisch spricht, lachen die Leute, weil sie klingt wie ein Schafbauer von Lesbos. Ihr Geld verdient sie damit, dass sie Chinesen online Englisch beibringt. Jetzt ist sie auf dem Weg nach den USA und will dort sechs Wochen bleiben, über Weihnachten und Neujahr. Hast du keinen Hintergedanken, dass du vielleicht dort bleiben wirst?, frage ich. Überhaupt nicht, sagt sie, ich habe nicht den geringsten Wunsch, wieder in den Staaten zu leben.

Es wurde ihr auf der kurvenreichen Fahrt schlecht, und sie brach unser Gespräch ab, lehnte ihre Stirn auf die Lehne des Sitzes vor ihr. Als wir ankamen, tauschten wir Telefonnummern aus. Du solltest ein Buch über deine Erfahrungen schreiben, sagte ich. Ich kann mir ein Buch mit dem Titel "My life with a greek sheep farmer" sehr gut als Weltbestseller vorstellen. Sie lachte und stimmte mir zu. Es gäbe viele komische Geschichten zu erzählen, sagte sie. Aber so ein Buch würde auch mit den romantischen Vorstellungen aufräumen, die viele noch haben, wenn sie an das Leben eines Schafbauers denken. 

Im Februar, wenn sie wieder zurück auf der Insel sei, werde sie sich bei mir melden, sagte sie. Wundere dich also nicht, wenn du eine SMS von "Laura" bekommst. Ich wünschte ihr alles Gute für die lange Reise und ging dann weiter, um ein Café zu finden, in dem ich ein Frühstück bekommen könnte.

Meine geschenkte Woche fängt heute an. Jetzt säße ich schon im Flugzeug nach Kopenhagen. Ich brauche nichts Besonderes mehr zu tun. Es ist grau und regnerisch, auf dem Wetter-App wird vor Unwettern gewarnt.  

Tiny spitzt aus ihrem Korb, mit ihrer von der Pilzinfektion schmutzigen Nase und schläfrigen Augen, verschwindet aber schnell wieder in der Versenkung, wie ein Fitzlibutzli..

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