Freitag, 3. Dezember 2021

Lesbos 25/11/2021

2021/11/25 21:37

Mein heutiges Bild riss ich aus dem Skizzenbuch und warf es in den Abfall. Ich war heute so fest entschlossen gewesen, mich irgendwo hinzusetzen und zu malen, aber es kam nie der richtige Augenblick. Zu Hause setzte ich mich dann mit einem der Fotos hin, aber es wurde nichts daraus. Frustriert, als hätte ich heute nichts zustande gebracht.

Ich fuhr gegen Mittag mit dem Fahrrad nach Petra, stellte es dort am Meer ab. Ich hatte vor, nach Anaxos zu wandern, über den Wanderweg, den ich letztes Mal gesehen hatte. Erst hatte ich wieder Probleme damit, den Eingang zum Wanderweg zu finden und schimpfte innerlich auf die Verfasser des Wanderbuchs. Dann hatte ich mich doch zurechtgefunden und begann den Anstieg zwischen Olivenhainen. Ich sammelte meine Jackentaschen voll mit Oliven, die auf dem Boden lagen. Der Weg war leicht, ein angenehmer Spaziergang mit schönen Ausblickspunkten, und ich kam bald unten bei der Straße heraus. An einer großen Schafsfarm vorbei ging ich zum Strand, wo ein Trampelpfad direkt am Wasser entlang führte. Früher war das wohl hier eine Gegend für Urlauber, jetzt ist sie ausgestorben, nicht nur der Jahreszeit wegen. Viele aufwendig und liebevoll gebaute Hotels hat man dem Verfall preisgegeben. Ständig sah ich das "Zu vermieten"- oder "Zu verkaufen"-Schild. Ich war zu k.o., um den ganzen Weg bis Anaxos zu laufen und kehrte um, in Richtung Petra. Kurze Zeit überlegte ich, ob ich vielleicht ins Meer gehen sollte, aber ich ließ es dann doch bleiben.

Gesehen: Die einsame Ziege in einem engen Gehege, mit zusammengebundenen Beinen, vor einem Berg von Kohlblättern. Der kleine aufgeregte Hund, der zwei gelangweilte Ziegen bewachen soll. In einem Olivenhain ein toter Fuchs, wie hindrapiert im Sonnenschei - er sieht ganz jung aus. Katzen, scheue und zutrauliche, gut genährte und magere. Das Hundegebell von dem Gehege des Vereins „Tierfreunde Lesbos“. Als ich ins Zentrum von Petra kam, kaufte ich mir in einer kleinen Bäckerei, in der die Verkäuferin gerade den Fußboden feucht gewischt hatte, ein Spinakópita. Dann setzte ich mich in der Abendsonne auf eine Bank am Kai und verspeiste sie.

Nachdem ich den anstrengenden Weg bis nach Hause geradelt war, nahm ich mir vor, mich heute nicht mehr von hier wegzubewegen, machte mich aber dann doch noch einmal in der Dunkelheit mit der Taschenlampe auf, um ein paar Lebensmittel zu kaufen. Theodos' Frau war heute gesprächig. Lange stand ich im Laden, während sie andere Kunden abkassierte. Wieso ich nicht ganz hierher ziehe? Ja, wieso? Aber was soll ich denn hier tun, wovon leben? Andererseits: was soll ich in Schweden tun, wovon leben? Auf dem Weg nach Hause durch die Dunkelheit dachte ich an all die Wege, die ich in meinem Leben schon gegangen bin, auf dem Weg zum Lebensmittel einkaufen. Dankbar über den Reichtum, die Vielfalt meiner Erinnerungen.

Louis Beißwunde hat sich jetzt doch infiziert. Als ich heute draufdrückte, protestierte er, und plötzlich schoss ein Strahl übel riechender Flüssigkeit heraus und über sein Fell. Ich machte ihn sauber, reinigte die Wunde, und hoffe jetzt, dass wenigstens dieses Problem zu lösen geht, ohne dass ich ihn zu Myrsini bringen muss. Er protestiert nur wenig, ist gutmütig und leicht zu handhaben, im Gegensatz zu Cleo und Punxy. Cleo verweigerte die Hundewurst nach dem Erfolg des ersten Tags, und inzwischen kriegt sie ihre Medizin in einem Klick Gourmet-Futter. Ganz aufgeregt schleckt sie das Mousse auf, in das ich das Pulver der Antibiotika-Kapsel geleert habe.

22:22

Ich schaute mir noch einen südkoreanischen Film an, "Heart", eine "Metakomödie", in der es um eine Filmemacherin geht, die einen Film dreht, der von ihren eigenen Erlebnissen handelt, d.h. eigentlich von Gesprächen über die Erlebnisse. Intelligent.

Bekam heute die Korrekturen meines Buchtext. Bis zum Jahreswechsel muss ich sie durchgeschaut haben. Beschließe, damit zu warten, bis ich wieder in Schweden bin.

 

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