Dienstag, 12. Oktober 2010

Es regnet in Istanbul

Und ich gehe unter dem grau verhangenen Himmel durch die Stadt. Es ist gut, ein Ziel zu haben: den Fährhafen Yenikapi, wo ich mir ein Ticket für die Fähre morgen kaufen will.

Zu allererst kaufe ich mir ein Glas frischgepressten Orangensaft und ein kleines Sicherheitsschloss, um meine Sachen im Hostel einschließen zu können (Anmerkung: Das Schloss war ZU klein und taugt nur, um meinen Koffer abzuschliessen)..

Angler stehen dicht nebeneinander auf der Galatabrücke, die in den historischen Teil der Stadt führt, und in mit Wasser gefüllten Plastikbehältern versuchen die gefangenen Fische zu begreifen, warum sie plötzlich überall gegen Wände stoßen. Beschließe in dem Moment, keinen Fisch mehr zu essen.

Laufe durch den Grand Bazaar, wo man so ziemlich alles kaufen kann. Um mir die Bruchfestigkeit seiner Teegläser zu demonstrieren, schlägt der Geschäftsinhaber mit einem davon hart gegen das Kopfsteinpflaster. Ein anderer, der handgemalte Derwischbilder verkauft, fängt gleich an, Deutsch mit mir zu reden und erzählt mir, dass seine ganze Familie in Mönchengladbach lebt und er auch sechs Monate dort gearbeitet hat.

Ich bin in einer melancholischen Stimmung, gehe durch die Sicherheitskontrolle am Fährhafen, kaufe mir die Fahrkarte und lasse mir dann erklären, wie man mit dem Bus von Taksim hierher kommt.

Es gibt hier noch einen Busschaffner, der am Eingang sitzt und das Geld entgegennimmt (75 Cent für eine Fahrt), in meinem Bus ein Junge mit großen dunklen Augen und einem weichen Mund, der mich an ein in einen Käfig gesperrtes Raubtier erinnert. Ständig lässt er seine Augen wachsam durch den Bus wandern, springt dann auf, reißt das Fenster auf, um etwas hinauszurufen, setzt sich dann wieder, nimmt das Geld entgegen, das die Passagiere ihm mit unbeteiligter Miene hinlegen, verzieht den Mund, murmelt irgendwas zu sich selber, geht völlig in seiner Aufgabe auf.

Die Dächer der Wohnhäuser um den Fährhafen Yenikapi waren dick bevölkert mit Möwen, die auch in dichten Schwärmen über dem Hafen kreisten.

Später:

Ayia Sofia - hier irgendwo sitze ich gerade
Es gibt überall in Istanbul (Kulturhauptstadt 2010!) Free Internet Spots, man kann also, wie jetzt grade, auf einer Bank vor der Ayia Sofia Moschee sitzen und bloggen. Neben mir versucht ein Maiskolbenverkäufer lauthals, seine gegrillten und gekochten Maiskolben loszuwerden. Zwei Touristen haben sich türkische Kappen und Flöten gekauft, hocken auf der Bordsteinkante und blasen nervtötend auf ihren Tröten herum.

Nachdem ich den ganzen Nachmittag nach der Ayia Sofia Moschee gefragt habe und mich in verschiedene Richtungen habe schicken lassen, ohne fündig zu werden, ist sie jetzt geschlossen. (Ich weiß ja jetzt, wo sie ist und werde in acht Tagen wiederkommen.)

In einem Mausoleum der blauen Moschee kletterte eine kleine Katze auf meinen Schoß, rollte sich zusammen und knabberte an meinem Finger, bevor sie anfing, laut zu schnurren. Als ich sie nach einer Viertelstunde oder so von meinem Schoß runterheben wollte, protestierte sie lauthals und versuchte gleich wieder zurück zu klettern. Ein alter Türke kam und schüttelte mir die Hand, tätschelte mir die Schulter und streichelte dann den Kopf der Katze.

Zum Mittagessen bekam ich Suppe, einen Teller mit Huhn, Kartoffeln, Reis, Zucchini, Yoghurt und einen Teller mit gemischtem Salat für ungefähr 3 Euro.

Die Muezzine von zwei gegenüberliegenden Moscheen rufen im Wechselsang zum Gebet.

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