Donnerstag, 26. Dezember 2013

Berlin in schwarzweiß

Als ich 23jährig nach Berlin kam, war ich unentschieden, ob ich mich dem Studium widmen sollte oder dem Schreiben. Einmal brach ich das Studium ab und begann in einer Großküche zu jobben, ging aber im nächsten Semester an die Universität zurück. Ich konnte meine Kräfte nie voll auf das richten, was ich tat, war immer abgelenkt, andauernd mit Flucht beschäftigt. Ich lebte in einem anhaltenden "Nein" oder "Vielleicht", einer komischen Denkschleife, in der ich nicht weiterkam. Das Große, von dem ich dachte, dass es auf mich wartete, gab sich nicht zu erkennen. Das, was ich mir wünschte, brachte ich nicht fertig. Immer noch fühlte ich mich wie ein nicht ausgebrütetes Ei, im Warten begriffen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich damals schrieb oder was es war. Ich drückte mich in Papierläden herum, kaufte große Papierbögen, Stifte, Schreibbücher, setzte mich damit in die Universitätsbibliothek, aber nichts von dem, was ich eventuell schrieb, ist heute übrig. In meinem Körper war ich nicht zu Hause, und es fiel mir schwer, Kleidung zu finden, in der ich mich wohlfühlte. Ich versteckte mich. An meine Wohnungstür hängte ich ein Schild mit der Aufschrift "Dr. Franz Kafka".

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