Donnerstag, 5. Mai 2016

Ingeborg. Paul - Zuggedanken

Auf dem Weg nach Skellefteå. Der Zug sieht ganz anders aus als die südschwedischen Züge. Nordische Vibrationen. Innerlich zerbröselt. Verschämt. Eine Frau bestellt per Telefon ein Taxi. Auf den Namen "Eriksson".

Ein kleines Mädchen mit blonden Pippi-Zöpfen stand verloren neben ihrer Mutter, einer schmalen jungen Frau mit großen dunklen Augen, die selber verloren aussah auf dem bevölkerten Bahnsteig.

Die Taxifahrt heute: mein Schreck beim Blick auf den Taxometer. Der Nachmittagsstau und kein Vorankommen. Ich bat darum, aussteigen zu dürfen, war aber schon zu aufgeregt, um noch freundlich sein zu können zu dem Mann. Dann ein neuer Schreck, als ich merkte, wie weit ich noch vom Bahnhof weg war. Ich musste einen Bus nehmen, andauernd schaute ich auf die Uhr. Immer diese Eile, das Gefühl eines Mangels.

Las in der Zeit über die Liebesgeschichte zwischen Celan und Bachmann. Neue Briefe sind aufgetaucht, die ein neues Licht auf die Affäre werfen. Ernsthaft und eifrig kommentiert man sie, ordnet sie ein in den Lauf der Welt.

Ingeborg und Paul also. Beide starben dann im Abstand von wenigen Jahren einen seltsamen, tragischen Tod. Er hatte zwei Mordversuche an seiner Frau Gisèle hinter sich. Sie schrieb kein einziges Gedicht mehr.

Früher glaubte ich, Unglück sei erstrebenswert.

Briefe, Notizen, die nach Jahrzehnten auftauchen und Nachgeborene in Aufruhr versetzen. Wenn man solche Dokumente aufhebt, wünscht man sich dann, dass sie eines Tages entdeckt, begrüßt, gefeiert werden?

Ich las über das Glück. Als entgegengesetzt zu "pleasure", also dem, was wir als angenehm empfinden.

Ich muss mich nur auf den Weg machen, um wieder näher an mich heranzukommen.

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