Mittwoch, 21. November 2012

Die Frau am Strand



Ich muss jetzt noch einmal von der Frau schreiben, die ich am Strand heute sah. Erst sah ich nur aus der Ferne eine Gestalt mit einem Hut, die sich hin und wieder bückte, ich dachte zuerst, ein Angler, eine Anglerin. Sie strahlte so eine Leichtigkeit aus. Sie verlieh der ganzen Landschaft etwas Träumerisches, Verträumtes. Ich verlangsamte auch meinen Schritt, sah mich um, drehte mich einmal um meine eigene Achse, fühlte mich plötzlich verspielt, experimentierfreudig. Dann ging ich tastend am Ufer entlang und balancierte über die Steine, die mich über das Wasser zu einer trockenen Landzunge bringen sollten. Es waren sehr intensive Augenblicke, ich spürte die Gegenwart der Gestalt, die mit irgendetwas Rätselhaften beschäftigt war, ganz stark, ohne jedoch zu ihr hinzublicken, und als sie mir einen Gruß zurief und ich ihr antwortete, verlor ich das Gleichgewicht und trat mit dem Fuß ins Wasser.

Sie sprach mich an, ich sah, dass sie in einer Plastiktüte leere Muscheln sammelte. Sie deutete zu der Ruine am Wasser und sagte etwas, ich glaubte, sie wollte mir sagen, dass sie in dieser Ruine lebt, ich wiederholte ihre Worte, wir schüttelten beide den Kopf und lachten, dann ging ich weiter.

Wäre ich eine Filmmacherin, dann würde ich solche Szenen filmen wollen. Begegnungen, in denen nur eine unvollständige oder völlig unzureichende Kommunikation möglich ist, in denen aber trotzdem etwas Schönes passiert, etwas sehr Lebendiges.

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