Sonntag, 13. Januar 2008

Das Leben leben (Sonja Åkesson)

Ich habe wieder mal einen Text von Sonja Åkesson (aus ihrem Band "Leva livet" - "Das Leben leben") übersetzt:

Zehn kleine Hunde




Im Erdboden liegt die Asche eines toten Hundes. Er fiel einem Brand zum Opfer, der in der Zunge begann. War es müde geworden, nur wau wau zu sagen und so…


Ein anderer Köter – wahrscheinlich von einer etwas feingliedrigeren Rasse – leidet an einer Art trostlosen Süßmilchsehnsucht.
Kindisches Zeug, sagt er scherzhaft zu sich selbst und tut das Ganze mit einem Wedeln seines Schwanzstumpfs ab.
Aber was hilft es!
Der Süßmilchtraum hängt trotzdem da, wie eine schlappe Schnauze, wie zwei schmerzende, melancholische Augen


Einen dritten Wauwau gibt es nicht. Das ist sein Problem.
In seiner blöden Lage ist er mit jeder Menge Künsten beschäftigt: Krähe hüpfen, sich in den Schwanz beißen, mit sich selbst hinaus- und hineinspazieren usw.
Eines Tages, als er wie verrückt Krähe plumpst und wirklich auf Touren gekommen ist! – geschieht das Unerklärliche. Er wird Entdeckt!
Es war der wackere Jäger etc.
(Der sicherlich nicht der am wenigsten Enttäuschte war.)


Ein vierter Hund hat keinen Ortssinn. Andauernd verläuft er sich, verwirrt (-tut sich im Übereifer), scharrt an der falschen Tür.
Kann das womöglich auf den Igeln beruhen, die sich in seiner Brust festgebissen haben?


Der fünfte Hund – wie heißt er? Das weiß er nicht. Aber jeden Tag wartet er darauf, dass er gerufen wird.
- Wenn jemand nur einziges Mal just nach mir rufen würde, redet er sich ein. Dann!
Und er knurrt und schmollt, will nicht fressen.
Unschlüssig steht Frauchen da mit ihren Fleischknochen und Hausschuhen und Zuckerstücken.
- Karolein, bettelt sie. Karo!
Aber der arme Karo ist so von seiner Idee erfüllt, dass er weder sieht noch hört.


Der sechste ist streng genommen kein Hund mehr, sondern inzwischen ein zotteliges Fernsehfell – für das Goldherzchen zum Büschel-Ausrupfen und für Mutti Hausfrau zum Sand-Ausklopfen und für Papa Offizier zum Darüber-Kommandieren des Gästetrupps (unter regimentgemäßem Dozieren über den Ausblick aus dem zwölften Stock) vor zum eingebauten Balkon.
Warum der Balg sich in eine solche Erniedrigung schickt?
Tja, man ahnt möglicherweise eine heimliche Wonne.
Möglicherweise ist er ein christlicher Hund.
Möglicherweise hat er keine Wahl.


Der siebte ist dick und sichtlich wohl gestellt.
Doch verbirgt er einen Fuchs hinter jedem Ohr, in seiner Schnauze, im Nabel, in all den kleinen Vertiefungen, mit denen er anstelle von Knöcheln und Ellbogen bedacht wurde.
Ein Veteriater untersucht ihn, vermag aber keine sichere Diagnose zu stellen.
In einem ständigen Rehabilitierungsprozess begriffen vermutlich, poltert er und gibt dem Wauwauchen einen gutmütigen Knuff hinter das Fettherz.


Der achte Hund hat keine Feinde.
Es gibt keine Feinde, behauptet er.
Steht die Welt in Brand, kann das auf der Jahreszeit, der Temperatur, den Bewegungen der Atome beruhen.
Die Flüssigkeit, die die Erde ertränkt, ist immer unschuldig, meint er.
- Herzblut, wie er zu sagen pflegt.


Ein neunter Hund bricht einen zehnten Hund entzwei.
Es ist dunkle Nacht.
Der zehnte Hund hat einen Schimmer im Fell, der nie verlöschen kann.

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