Donnerstag, 11. Dezember 2014

Paris - Trelleborg

In den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts ging sie von Värmland nach Paris, um Modeschöpferin zu werden. Sie war die einzige Tochter ihrer Eltern und später sagte sie, dass sie ihnen zuliebe wieder zurück gekommen war. Solange sie noch in ihrem eigenen Zuhause lebte, trank sie am Morgen als Erstes Café au Lait, so wie sie ihn in Paris kennengelernt hatte. In den fünfziger Jahren traf sie ihren zukünftigen Mann, mit dem sie in einem VW-Bus durch Schweden fuhr, um Schaufensterpuppen zu reparieren. Gegen ihren Willen wurde sie schwanger, und später weigerte sie sich, sich an den Namen des Mannes zu erinnern, der der Vater ihrer einzigen Tochter war. An einem Tanzabend im Amiralen in Malmö wurde sie viele Jahre später als einzige von der Gruppe von Frauen, mit denen sie damals öfter unterwegs war, von einem hochgewachsenen Mann zum Tanz aufgefordert, der Ingenieur war und wie sie das Reisen liebte. Sie heirateten nie, zogen aber in ein Haus am Meer, mit einem Swimming Pool im Wohnzimmer. Irgendwann einmal stellte sie erschrocken fest, dass sie nicht auf die Frage antworten konnte, welche Tomaten ihr lieber seien, die großen oder die kleinen. Im Heim für Demenzkranke sagen sie heute, sie sei die Kämpferin der Abteilung gewesen und habe auch noch vor wenigen Tagen versucht, mitzuhelfen, als man ihr die wundgelegenen Füße in Verband wickelte. Ein griechischer Prinz hat ihr einmal den Hof gemacht. Auf Türkisch konnte sie "Ich liebe dich" sagen. Auf der Kommode steht das Bild von Stig, mit dem sie die letzten zwanzig Jahre ihres Lebens verbracht hat, aber sie wusste schon lange nicht mehr, wer dieser Mann war. Die Pflegerin Farida erzählte, gestern habe sie auf einen Punkt in einer unbestimmten Ferne geblickt und dabei gelächelt. Niemand der anderen habe dort etwas sehen können. 

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