Nach einer Woche
auf der Insel: Alltag stellt sich ein. Zum Arbeiten klettere ich die Leiter
hoch. Freizeit findet unten statt. Jeden Tag male ich ein Bild, heute von dem
eingefallenen Schafstall, an dem ich jedesmal vorbeikomme, wenn ich von hier
zur Straße fahre.
Punxy schaut mich
gerade auffordernd an und will irgendetwas. Ich habe heute gesehen, dass die Bäuche
der Katzen anfangen sich zu runden und möchte sie jetzt nicht überfüttern.
Nein, sie sehnte sich nach Caesarion und wollte, dass ich ihm die Tür öffne, damit er hereinkommen kann.
Sofort springt sie ihm entgegen, schmiegt sich an ihn. Wie zwei siamesische
Zwillinge laufen die zwei durchs Zimmer und legen sich eng nebeneinander auf
das Bett. Ich weiß nicht, wer wen mehr liebt.
Kann ich denn
eine neue Routine einführen? Etwa in der Früh sofort aufstehen und eine Runde
spazierengehen? Sofort aus dem Bett und in Bewegung kommen.
Habe heute am
Anas-Text gesessen. Ein Drittel ist jetzt überarbeitet. Ich markiere die
Stellen, zu denen ich ihn noch etwas fragen muss, wo ich noch Details brauche.
Ich versuche, passende Bruchstellen zu finden. So wie es jetzt aussieht, wird
das Buch etwa 130 Seiten stark. Arbeite auf dem Boden sitzend, ein
Meditationskissen unter dem Hintern. Der Computer steht auf einem kleinen
Hocker. Mache dann auch einige Übungen Griechisch, zum Entspannen. Habe jetzt
schon eine Lektion abgeschlossen. Vielleicht geht es ja doch voran. Obwohl ich
bis jetzt nur die Vergangenheitsform von ungefähr fünf Verben kenne.
Gegen halbzwei
fahre ich mit dem Fahrrad ins Dorf, um bei Ignatios zu essen. Natürlich sitzt
Ch da, mit ihrem Buch. Natürlich geht es um den Coronavirus. Zwar findet sie die Panik übertrieben,
die im Moment geschürt wird, aber dann sagt sie doch, dass sie lieber hier ist
als in Stockholm. Hin und wieder lässt sie sich die Ärztin raushängen,
vergleicht die jetzige Panik mit der Panik, als der Aids-Virus auftauchte.
Tom Hanks ist
inzwischen infiziert, seine Frau auch. Die hohe Zahl der Todesfälle in Italien
führen die Italiener selber darauf zurück, dass sie die längste
Lebensdauer auf der Welt haben, also die meisten Alten.
Man soll Alte
jetzt nicht besuchen. Aber was für ein Leben ist das denn, fragt Ch, empört,
die selber über siebzig ist und sagt, dass man an irgendwas ja sterben muss. Kinder
hingegen sind offensichtlich nicht wirklich gefährdet.
Theodosos sieht
jetzt Lebensmittelengpässe auf der Insel schon voraus. Ein Boot mit
Lebensmitteln ist vor Limnos aufgehalten worden, weil ein verdächtiger Fall an
Bord war, einer der Arbeiter. Das muss erst abgeklärt werden, bevor das Boot
weiterfahren darf. Die lokalen Produkte wie Schafskäse, Eier, Fleisch, einige
Gemüsesorten, wahrscheinlich auch Brot, natürlich Öl und Oliven, reichen sicher
aus, um sich über eine Krisenzeit zu retten. Es sind ja keine Touristen da, die
einem das Essen wegschnappen könnten. Ich kaufe ein wenig Vorräte ein, vor
allem Katzenfutter, entdecke dann noch zwei Säcke vom Winter im Kleiderschrank.
Setze einen Weizensauerteig an.
Mein Geld reicht
noch ein paar Monate. Aber dann? Wovon werde ich leben? Was wird mir über den
Weg laufen? Die Welt scheint im Moment so unsicher, mein Leben auch. Ich versuche meine Tage trotzdem zu genießen. Das Leben begegnet mir mit einer unfassbaren Fülle. Es ist
genug da. Für alle, auch für mich.
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