Gestern nichts
geschrieben, weil ich so müde war nach der Wanderung. Wachte in der Nacht
mehrmals auf, aus einer dunklen Tiefe. Ein Traum: Ich beschloss, in ein
Wohnprojekt einzuziehen. Eine fremde Stadt. Irgendwo auf Reisen.
Ich lasse jetzt
die Gardinen immer offen, um näher an der Umgebung - Sternennacht, aufgehende
Sonne, Vogelgesang, Wind, Regen, was auch immer - zu sein.
Montag. Neue Morgenroutine:
Tablette essen, Nachrichten lesen, Aufstehen, Duschen, Frühstück mit
griechischen Vokabeln. Tagebuch-Blog auf dem Bett, mit Kaffee. Meditieren unter dem Dach und
Yoga auf der Terrasse. Dann Schreibtisch.
Caesarion
signalisiert, dass er raus will, indem er sanft mit der Tatze an den Schlüssel
schlägt, als wäre der eine Glocke. Was er natürlich auch ist. Die Dienerin
erhebt sich sofort.
Ai Weiwei stellte
einen schlechten Witz auf Instagram: "Corona virus is like pasta. The Chinese invented it, but the Italians
will spread it all over the world." Der Aufschrei vorprogrammiert. "Geh zurück zu deinen Insekten und rohen Mäusen." "Stop eating dogs." Jemand schreibt. "Die Italiener haben die Nudeln erfunden!"
Die
Bundesregierung signalisiert, dass sie 1000-1500 Flüchtlingskinder aufnehmen
wird. Erdogan hat von 143000 Flüchtlingen gesprochen, die er über die Grenze
entlassen habe. Es sind von europäischer Seite etwa 20000 Ankünfte
gezählt worden. Lese Artikel in der Süddeutschen, die mich über das informieren, was ein paar Kilometer von hier entfernt passiert.
Gestern habe ich
mich auf eine Wanderung begeben, die bewährte Runde von der Schafswiese beim
Wasserreservoir über die Kapelle und das Tal der Windmühlen nach Vafios, und
dann bergab über den Wald zurück.
Außer dem Schafbauern
mit der Wollmütze bei der Schafswiese, wo ich mein Fahrrad abstellte, bin
ich keinem einzigen Menschen begegnet, nicht einmal in Vafios, wo mir nur
frenetisch bellende Hunde entgegen kamen. Bleiche Schafsknochen auf dem Weg.
Das einsam junge Pferd stand wieder angeleint am Rand des Wegs, das Maultier auf seiner Wiese, schön und unwirklich, mit großen pelzigen Ohren, die sich
in alle Richtungen drehten. Es kam zögernd näher und streckte seinen Kopf über
den Stacheldraht, als ich mit ihm redete. Ich streichelte seine weiche Schnauze
mit meinem Handrücken, aber es erhoffte sich offensichtlich etwas Leckeres zum
Fressen, und wir erschraken beide, als es versuchte, meine Hand zu schnappen
und ich sie schnell zurückzog.
Auf meinem Weg
durch den Wald, wo ich mich letztes Mal verfranst habe, redete ich mir selber
zu, ruhig zu bleiben und die Markierungen nicht aus den Augen zu verlieren.
Tatsächlich entdeckte ich die Abzweigung, an der ich das letzte Mal einfach
vorbeigelaufen bin. Alles verlief also ohne Zwischenfälle
Ich machte drei
Skizzen, eine bei der Kapelle, eine von Vafios und eine im Wald. Bei der
Kapelle war es so windig, dass alle meine Sachen wegwehten.
Wahnsinnig müde und hungrig, als ich nach
Hause kam. Leerte fast eine ganze Tüte mit Haselnüssen, während ich darauf wartete, dass mein Essen fertig wurde. Machte Fava aus grünen Erbsen, gebratene Aubergine,
ofengebackene Kartoffel und trank dazu Retsina mit Sodawasser. Etwas
Griechischlernen am Computer, dann ins Bett und noch ein bisschen chinesischer
Krimi.
Agnes ist hier.
Agnes, magisches Wesen. In all den Jahren ist es mir nicht gelungen, ihr näher
zu kommen als bis auf einen halben Meter. Selbst, wenn ich mehr Futter in ihre
Schale gebe, verteidigt sie sich mit einem Tatzenschlag. Ich begreife immer
noch nicht, wie es mir vor ca. sieben Jahren gelungen ist, sie einzufangen,
damit wir sie kastrieren lassen konnten. Wir lockten sie erst irgendwie ins
Haus, wo sie sofort totale Panik kriegte und buchstäblich die Wände
hochkletterte. Sie verfing sich dann zwischen Fenster und Mückennetz, und ich
konnte mit meiner behandschuhten Hand zupacken und sie in den Käfig steckten.
Die Tierärztin Myrsini kam mit dem Auto vorbei und nahm sie zur Operation mit
nach Mytilini. Zwei Tage später holten wir sie mit einem Mietauto ab. Myrsini
erzählte uns, Agnes habe sich vorbildlich verhalten und sich sogar mit der
Katze im Nachbarkäfig angefreundet. Sie ist wie eine feine kleine Dame. Sie
sieht immer gut gepflegt aus, auch wenn man an den Kratzern auf ihrer Nase
sehen kann, dass sie ein paar Mal eine gewischt bekommen hat. Im letzten Jahr
hat sie Mut gefasst, am Abend ein paar vorsichtige Schritte ins Haus
hineinzukommen, in Richtung Futterschalen, aber sobald man selber eine Bewegung
macht, ist sie schon wieder draußen.
Die Sonne scheint.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen