Heute lief das
Gehirn heiß. Da AM jetzt wegen Coronavirus und Flüchtlingsituation nicht nach
Lesbos kommt, könnte ich länger bleiben. P und ich denken verschiedene Lösungen
durch. Es darf nicht zu teuer sein. Ist es denn sinnvoll? Ist es sicher?
Die ersten
Personen in Molyvos sind in Quarantäne: eine Gruppe, die aus Palästina zurückgekommen
ist. Ein bestätigter covid19-Fall in Plomarion, eine Frau, die in Italien war.
Ich fahre nur ins Dorf, um Lebensmittel zu kaufen, und sitze hinterher im
Garten in der Sonne. Esse gebratene Champignons mit Petersilie, Spiegeleier,
gekochten Broccoli, Salat. Dazu Baguette und etwas Retsina mit Sodawasser.
Hinterher schlafe ich auf der Sonnenliege, eingewickelt in eine Decke. Noch später
mache ich eine Skizze von der Aussicht von der Terrasse, auf der Treppe
sitzend. Julia wuselt um mich rum, sucht fast aggressiv nach Nähe. Es
befriedigt mich momentan, bei den Skizzen an den Details zu arbeiten. Es
ist eine ruhige, meditative Arbeit.
Arbeitete morgens
am Buch - es macht Fortschritte. Ich habe jetzt unter dem Dach meinen Yoga-,
Meditations- und Computerraum. Auch mein Telefon lege ich dort ab, muss also
immer die Leiter hochklettern, wenn ich etwas nachschauen will. Es muss doch möglich
sein, meine Abhängigkeit zu überwinden.
Gestern ein
magischer Nachmittagsspaziergang im Dorf. Ich begegnete niemandem. Vielleicht
hatten alle sich wegen der Ankunft des Virus verbarrikadiert. Nur die Katzen waren unterwegs. Ich hatte meinen
Fotoapparat dabei und machte einige Bilder. Wenn die Menschen nicht da
sind, sieht man, dass das Dorf eigentlich den Katzen gehört. Die Stille, in der
sie sich aufhalten, sprang plötzlich auf mich über. Ich setzte mich auf eine
Steinstufe und machte eine Skizze von der Aussicht und von einer Katze, die
neben mir auf einer Steinmauer saß. Sie rührte mich an, denn sie hatte im
Unterkiefer keine Zähne, was ihr ein melancholisches Aussehen gab.
Ich arbeitete
gestern bis nach Mitternacht, nahm mir aber vor,dass das nicht der
Normalzustand werden darf.
War heute in der
Abenddämmerung bei U und I, um den Rest von unserem Olivenöl abzuholen.
Begleitete zunächst U zu einer Sicherungssäule mit mehreren Stromzählern und
Sicherungen ein paar Grundstücke weiter, um nachzusehen, warum der Strom in
ihrem Haus ausgefallen war. Beim letzten Stromzähler, den wir prüften, fanden
wir tatsächlich einen ausgelösten Sicherungsschalter und legten ihn wieder um.
Dann pumpte ich Öl aus dem Kanister in leere Sodaflaschen, die ich zu dem Zweck
gesammelt hatte, zu den pausenlosen kritischen Kommentaren von I, die
schlechter Laune war. Es kam mir fast so vor, als würde sie mir das Öl nicht gönnen.
Nach einer Weile riss sie sich sichtlich zusammen, wir verabschiedeten uns lachend. Ich war trotzdem froh, von dort wegzukommen. Die Stimmung war
gespannt, auch wenn das Feuer gemütlich im Kamin prasselte.
Ich las heute
weiter in dem zweiten von meinen chinesischen Krimis ("Rote Ratten").
Bin beim Lesen nicht besonders engagiert, aber doch irgendwie gut unterhalten.
Nach dem
Abendessen (Brot mit Olivenöl, Ladotiri, Broccoli und Oliven) saß ich dann
unter dem Dach und übte Griechisch. Ich bin neugierig, ob ich jemals in der
Lage sein werde, es anzuwenden.
22:15. Rede mit
meiner Mutter am Telefon, die ohne Murren jetzt den Rollator benützt. Sie ist
auch sehr zufrieden mit dem Essen, das ihr jetzt jeden Tag von "Essen auf
Rädern" vorbeigebracht wird. Es kommt zwischen elf und halbzwölf, und dann
ist sie auch schon "sehr hungrig", so dass sie sich gleich hinsetzt
und direkt aus der Aluminiumpackung isst. Hinterher wirft sie die Verpackung
weg. Sie erzählt mir, dass mein Bruder ihr ein riesiges Schild an den Küchenschrank
geklebt hat: "Tabletten nicht vergessen". Auch dass sie jetzt Hilfe
zum Duschen und Haarewaschen bekommt, findet sie praktisch. Dass sie am
Wochenende zu einem Familientreffen am Achensee fahren soll, belastet sie mehr.
Sie möchte lieber zu Hause bleiben. Ich sage ihr, dass es gut ist, hin und
wieder seine gewohnte Routine zu verlassen und auch, unter Menschen zu kommen. Sie
stimmt mir zu.
Fertig für heute.
Es ist 22:34. Zähneputzen. Bett.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen