08:05
Gestern Abend habe ich den Kühlschrank zum Abtauen ausgeschaltet und geöffnet, und obwohl ich
mich bemühte, das Eis aus dem Eisfach wegzubekommen, war es immer
noch am Tröpfeln und Knacksen, als ich mich schon zum Schlafengehen anschickte.
Da war es schon nach Mitternacht (Zeitumstellung).
Sitze im Bett, während
ich das hier auf meinem Pomera schreibe und mich dranmache, meinen Blog zu aktualisieren. Die Espressokanne brodelt am Herd. Ich
habe eine Wolldecke über Bettdecke gelegt. Am Morgen ist es noch kalt. Die
Sonne scheint aber schon, und die Vögel zwitschern.
Gestern: Gespräch
mit der Familie auf Zoom. Zimmer und Bad geputzt, die Teppiche ausgeschüttelt.
Mit U und I geredet (nicht gleichzeitig). Bot ihnen an, ein Bild von einem Motiv
ihrer Wahl zu malen, als Dank dafür, dass ich den Teepavillon benützen kann. U
erzählt, dass sie sich Lebensmittel von einem Laden im Dorf schicken lassen.
Sie kennt den Dorftratsch, weiß, was passiert. Vangelis versucht, den Virus mit
Musik zu vertreiben. Mit Maro, der Besitzerin des Lebensmittelladens, hat sie
einen Hasapikos getanzt, Maro hinter der Theke, U zwischen den Regalen. U sehnt
sich nach ihren Kindern und Enkelkindern.
I erzählt, dass
der massive Ausbruch in Italien auf Fußballspiel in Milano mit 5000 Zuschauern
zurückzuverfolgen ist. Außerdem liegt es vielleicht daran, so sage ich, dass bei
den Italienern der Familienkontakt enger ist als in anderen europäischen
Ländern. Später, beim Familiengespräch, ergänzt David, dass Italiener eine
größere Körperlichkeit haben. Marco flicht
noch von hinten ein, dass es in der Lombardei große Textilfabriken gibt, die in
chinesischem Besitz sind. Es ist gut denkbar, dass der Virus dort über
chinesische Angestellte relativ früh anlangte.
Schaue mir den Bericht
eines Covid-19-Überlebenden an, ein Mann
zwischen dreißig und vierzig. Er spricht von der Einsamkeit als Patient, davon,
dass er lernen musste, Geduld zu haben. Drei Tage lang wurde er künstlich
beatmet. Er sagt, das kann man sich nicht vorstellen. Die Zeit vergeht nicht,
wenn man in dieser Maschine ist. Und jetzt? Er wird von nun an die kleinen
Dinge des Lebens schätzen. In einem anderen Filme (alles auf der Homepage vom
Guardian) sind Zusammenschnitte von Appellen italienischer Bürgermeister an ihre
Bürger zu sehen. Teilweise laufen sie durch die Orte und schicken die Leute von
der Straße nach Hause. „Geht nach Hause und spielt auf euren GameBoys!“ „Hier
dürft ihr nicht Tischtennis spielen!“ Sie reden sich teilweise in Rage -
"Wenn ihr die Friseuse nach Hause kommen lasst, dann kriegt ihr außer dem
Haarspray auch den Coronavirus ins Haar!!" "Idioten!!" schreit
einer, mit Verzweiflung in der Stimme.
Das Lager in
Moria müsste spätestens jetzt aufgelöst, die Menschen auf verschiedene europäische
Länder verteilt werden, wo sie in Wohnverhältnissen untergebracht werden, in
denen es möglich ist, Abstand zu halten. Dort könnte man sie erst einige Wochen
in Quarantäne belassen, diejenigen testen, die Symptome zeigen, dann eine
Normalisierung ihres Lebens einleiten. I sagt,
die Journalisten sitzen wie Hyänen vor dem Lager und warten auf eine
Hiobsbotschaft. Sie erzählt auch mit Resignation in der Stimme, dass man den
Leuten dort jetzt beibringt, wie man sich die Hände richtig wäscht. Ich sage,
ich habe das aber auch erst lernen müssen, von einem Video im Internet, wie man
das richtig macht. Ja, sagt sie, so hat sie das nicht gemeint. Aber wenn fünftausend Menschen sich einen
Wasserhahn teilen, wie sollen sie sich dann andauernd die Hände waschen? Wie
soll das gehen?