2020/04/12 22:46
Abends. Ich muss
versuchen, früher ins Bett zu gehen.
Gestern und heute
sonnig, heute etwas kälter, windiger.
Die Tage schieben
sich einfach weiter, einer den anderen, einer nach dem anderen.
Die Schreibkurse
dünnen aus - Leute verschwinden. Was kann ich tun? Nichts.
Heute eine
Fahrradtour nach Eftalou. Setzte mich dort auf eine Mauer, machte eine
Blindzeichnung. Ging zum Badehaus der heißen Quelle, seit letztem Herbst außer
Betrieb. Eine wilde Katze starrte mich an. Der Verfall - die Erinnerung an eine
bessere Zeit: der Stuhl, auf dem Filippo immer saß und auf das Meer blickte.
Die Erinnerung an die Stimmen der Frauen aus dem Inneren des Hauses, an
Eleftherias freundliche Begrüßung, Umarmung. An die Massagen im ersten Stock,
bei offenem Fenster, zum Geräusch der Wellen. Diesmal habe ich Eleftheria nur
einmal gesehen, mit Mundschutz, aus der Ferne. Wir winkten uns zu.
Ich saß ein wenig
vor dem Haus auf einem Absatz und schaute aufs Meer. Dachte an die Flüchtlingsboote,
die man von hier sehen konnte und deren Ankunft mir die Tränen in die Augen
trieb, an die Flüchtlingsströme, die ein paar Wochen lang täglich durch das Bad
zogen. Aus dem Heißwasserpool blickte man auf die Füße der Leute, die gerade
eben in Europa angekommen waren und noch nicht wussten, was sie erwartete. Das
Gedränge auf der Straße, die Busse, die Frauen und Kinder zum Auffanglager
brachten. Wie ich einmal in diesem Gedränge nach meiner Jacke suchen musste,
die jemand aus einem Missverständnis heraus in der Umkleide mitgenommen hatte.
Jetzt saß ich
ganz allein da und schaute aufs Meer. Ein winziger Ort, versteckt von der Welt.
Und doch hat hier Weltgeschichte stattgefunden.
Ich radelte dann
wieder zurück, vorbei an vereinzelten Ausflüglern. Irgendwo bellten Hunde wie
verrückt, völlig außer sich. Gibt es jemand, der sich um sie kümmert? Die Leute
wissen hier wohl, was ihre Nachbarn tun. Mich hier einzumischen kommt mir nicht
angemessen vor. Die Sprache ist auch eine große Hürde.
Vielleicht fand
heute eine Art Zäsur statt. Habe mein Telefon im Teepavillon gelassen. Versuche
mich den Zeichnungen freier, leichter zu nähern. Eine Illusion von Wirklichkeit
entsteht, wenn man die Wirklichkeit zeichnet. Genauso eine Illusion wie die
Wirklichkeit selbst. Vielleicht liegt darin die Faszination von Zeichnungen,
Malereien, der Verdoppelung dessen, was ist, was wir sehen können, was sich vor
unseren Augen befindet.
Mein täglicher
Kampf mit Caesarion, um ihm die Tablette einzuwerfen. Er starrt mich mit
hilflosen Augen an, während ich ihn mit einem eisernen Griff im Nacken fixiere,
ihm die Tablette ins Maul zwinge, dann seinen Hals entlangstreiche, um ihn zum
Schlucken zu bringen.
Morgen muss ich
Myrsini wegen Cleos Auge anrufen. Diese Dinge trüben meine Stimmung.
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