22:21
Seit ich gestern
bei Theodosos zum Einkaufen war, wieder diese mahlende Unruhe. Die engen Gänge
im Laden, meine eigene Unfähigkeit zu warten. Ich drängte mich mit anderen in
dem kleinen Raum, in dem die Haushaltswaren und die Katzenfuttersäcke sind,
drückte mich mehrmals an einer jüngeren Frau vorbei, wir lächelten uns an, wie
um uns gegenseitig zu beruhigen, aber trotzdem. Eine Kundin hatte einen
Mundschutz an. Ich hielt den Atem an, wenn ich jemandem nahe kam, aber hat das
denn Sinn?
Wovor habe ich
eigentlich Angst? Davor, angesteckt zu werden oder davor, jemanden anzustecken?
Dass ich Virusträgerin bin, ist eigentlich momentan so gut wie ausgeschlossen,
war es jedenfalls vor meinem Besuch im Lebensmittelladen.
Füllte zwei
Einkaufskörbe mit Mehl, Milch, Joghurt, Eiern, Apfelsaft, Retsina, Honig,
kiloweise Katzenfutter, mehr Espresso, Gemüse, Feta, Obst, Haferflocken,
Nüssen, Ingwer. Theodosos forderte einen jungen Mann, der neben mir stand, auf,
meine Körbe auf die Theke zu stellen, und ich protestierte nicht. Wie geht es
P? wollte er wissen. Es geht ihr wieder gut. Ihm geht es auch gut. Die Stimmung
ist entspannt. Die Helfer im Laden haben jetzt ihre Masken abgelegt oder unters
Kinn gezogen.
Als ich wieder zu
Hause bin und alles in die Schränke und den frisch abgetauten Kühlschrank lege,
habe ich ein Gefühl von Reichtum, aber
auch die Sorge, dass ich etwas Wichtiges vergessen haben könnte. Als ich später
die Einkaufsliste kontrolliere, fällt mir auf, dass ich vergessen habe, Orangen
in den Korb zu legen, weil ich von etwas anderem abgelenkt wurde.
Gestern (und
heute) die Angst, mein Computer (= die Festplatte) sei dabei, den Geist
aufzugeben. Und das grade jetzt, wo ich zwei Internetkurse am Laufen habe und
auch für meine Arbeit am A-Text auf den Computer angewiesen bin. Der alte Asus hat
aber dann seine Festplatte selber und sehr langsam vor sich hin ruckelnd repariert.
Traf Frans, der
an Elisabeths Haus rumbastelte, und fragte ihn, ob er eventuell das Gras bei
uns mähen würde, wenn es so weit wäre. Natürlich. Wir redeten ein wenig. Er
wollte eigentlich schon im letzten Jahr weg von der Insel, war wohl auch schon
weg, ist aber jetzt wieder hier. Hat mit seiner Ex-Freundin einen Second
Hand-Laden in Petra, der aber jetzt natürlich nicht läuft. Selbständige
bekommen vom Staat 600 Euro, wegen der Verdienstausfälle, das hat er jetzt
beantragt. Ein Mentor unterstützt ihn, wenn er in Petra eine Kneipe aufmacht.
Ist aber jetzt nicht drin. Ein paar Monate reicht das Geld noch. Ich freue mich
aber trotzdem am Leben, sagt er.
Stellte nach dem
Mittagessen den neuen Kurs ("Schreiben im Jetzt") ins Internet. Es
kostet eine ungeheure Kraftanstrengung, so einen Kurs zum Laufen zu bringen,
aber dann rollt er mehr oder weniger von selber weiter.
In Schweden
steigen jetzt offensichtlich die Krankenzahlen rapide an. Gestern habe ich auch
für meinen zweiten Flug einen Voucher beantragt. Ich schaute außerdem nach, wie
die Flugsituation Anfang Mai aussieht. Laut Internet könnte ich mit der Fähre
nach Piräus fahren und dann z.B. einen günstigen Flug nach München nehmen. Für
den 5. Mai habe ich noch eine Zugfahrkarte von Regensburg nach Kopenhagen, die sonst
verfällt. Es ist aber vielleicht blauäugig zu glauben, dass ich in einem Monat
über Dänemark reisen kann. Es zieht mich ja nichts weg von hier.
Ich habe wieder ein
Brot im Ofen.
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