2020/05/09 22:01
Die beiden jungen
Frauen, die mir täglich um die gleiche Zeit auf dem Weg zum Strand begegnen.
Eigentlich sind mir zuerst die Hunde aufgefallen. Dann die eine von den beiden, mit schwarzen Kleidern, schwarzgefärbten,
asymmetrisch geschnittenen Haaren, wie direkt aus Berlin Kreuzberg hier in
Molyvos abgesetzt. Der Vergleich stimmt aber auch nicht, denn sie erkennt mich
wieder und lächelt mich freundlich an, wenn die Hunde auf mich zulaufen und
mich umschwänzeln. Heute erst habe ich einen Blick auf die andere geworfen. Das
kurze Haar, die Shorts, der Gang, die Bewegungen. Ich wünschte, ich könnte
schreiben, ich meine, wirklich schreiben. Diese Begegnung beschreiben: Mein
Blick der Jungen hinterher, die irgendwie der Spiegel ist von einer, die ich
einmal war, die es aber nicht mehr gibt. Eine Sehnsucht, eine Rührung, ein Gefühl
großer Zuneigung. Sie schützen wollen, vor ihren eigenen Zweifeln. Die zwei
jungen Frauen, die jeden Abend mit ihren Hunden den Strand entlang gehen, die
stillen Rückentafeln.
Auch plötzlich der tiefe Wunsch danach, ich selber sein zu dürfen, mit anderen. Die
Anstrengung, die darin liegt, dass ich mich immer ein wenig verstecke. Wie oft
in meinem Leben bin ich ehrlich gewesen, schutzlos ehrlich? Schutzlos ich
selbst? Vielleicht nie. Anpassung an Normen, an den Horizont der anderen, aus
Angst vor Ablehnung, Ausgrenzung. Aber so einfach ist es nicht: die Grenzen
sitzen schon in mir selber. Und ich dürste ja nach der Anerkennung der anderen.
Saß auf meinem Mäuerchen.
Las. Da fühle ich mich am wohlsten. Nicht mitmachen müssen. Mich
nicht festlegen müssen auf eine Rolle, auf einen Platz im Gefüge.
Die junge Frau
vom Supermarkt kommt mit Käppi und Sonnenbrille vorbei, geht neben mir in die
Hocke, zieht sich ihre Schuhe an. Das war mein erster Tag am Meer, sagt sie.
Sie sieht anders aus als im Laden, ich erkenne sie aber an ihrem Lächeln. Die
Holländerinnen kommen auch an mir vorbei, wir grüßen uns. Meine Vorurteile
werden heute bloßgelegt, als mir die eine von ihnen sagt, dass sie auch im
Winter jeden Tag im Meer schwimmt. Und ich hielt sie für Sonnenanbeterinnen,
Strandtussis. Sie sind ganz einfach schon fertig mit dem Schwimmen, wenn ich
komme, sind schon im Aufbruch, haben eine Familie, um die sie sich kümmern müssen.
Löschte heute
mehrere alte Schreibprojekte von meinem Laptop. Beseitigte sie aus der Welt,
mit einem Knopfdruck. Ich bin die ewige Tagebuchschreiberin, schreibe mich an
dem entlang, was sich vor meinen Augen abspielt. Sobald ich auch nur den geringsten
Ehrgeiz entwickle, etwas erzählen will, lande ich in Sackgassen, wird es
peinlich.
Ansonsten:
Gartenarbeit. Büsche beschnitten, Olivenschösslinge und anderes wildgewachsenes
Zeug rausgezogen. Unkraut gejätet.
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