(...)
Er ziehe es vor, sich in Bildern oder in langem Schweigen auszudrücken als Worte zu suchen für das, was er sehe oder denke. Was für Bilder, fragte ich. Es ist mir egal, sagte er. Hauptsache, sie entstehen schnell, so wie ein Frosch von Stein zu Stein hüpft. Das selbe gelte für das Schweigen, das nicht einmal in den Lidschlag eines Menschen hineinpasse. Du hältst also nichts von langer und disziplierter Arbeit, von jahrelangen Bemühungen, an deren Ende der Erfolg steht, fragte ich ihn. Die Bemühungen sind nur ein Schein, sagte er. Das Wesentliche geschieht im Bruchteil einer Sekunde. Die Bemühungen sind leer und voll, wie du willst. Sie sind die Qual, das eigentliche Nichts unseres Lebens. Kannst du diese Leere verstehen? Er schaute mich lange an, aber ich sagte nichts. Ein Vogel landete auf dem Fensterbrett und scharrte mit den Füßen.
Ich fragte ihn, ob er gerne reise. Er wand sich ein wenig. Er sei wohl hier und da gewesen. Eigentlich reise er ungern. Der Gedanke, die vertraute Umgebung zu verlassen, erfülle ihn mit Unbehagen, und desto mehr, je älter er werde.
Wenn er der Meinung war, er habe jetzt genug gesagt, stand er auf und ging. Am Anfang fand ich sein Verhalten merkwürdig, unhöflich sogar. Nach einiger Zeit begriff ich, welche Freiheit er mir dadurch schenkte.
(Berlin 1993)