Meine Frage:
Woher kommt die Faszination, die von der Geschichte "Durchschnittsmann wird Drogenboss" ausgeht? Woher kommt die "Liebe" der männlichen Zuschauer zu dem teuflischen Walter White?
Dass die Figur des Walter White mit seinem Verhalten (als Ehemann, als Freund, als Krebskranker, als Berufstätiger, als Vater, als Heimwerker) dem weißen Durchschnittsmann einen Spiegel vor Augen hält, ist schwer zu übersehen. - Der weiße Durchschnittsmann als Zuschauer jedoch wird von dem, was er da sieht, nicht notwendig von Abscheu (und dem Wunsch nach Veränderung) ergriffen, sondern beginnt auf eine verdrehte Weise mit der Figur des abgedrifteten Chemielehrers zu sympathisieren. Die Serie entlarvt das grundsätzlich Gefühlsgestörte im weißen Durchschnittsmann, aber dieser ist aufgrund seiner Gefühlsgestörtheit nicht in der Lage, darüber zu erschrecken.
In dem System, das der weiße Durchschnittsmann geschaffen hat, gibt es immer Gewinner und Verlierer, und sein Kampf zielt in der Regel nicht darauf ab, das System wirklich zu verändern oder sich aus ihm zu verabschieden, sondern darauf, vom Verlierer zum Sieger des Systems zu werden - dazu wendet also immer die Mittel an, die dieses System für ihn bereithält.
In gewisser Weise zielt also diese Serie - trotz treffender Beobachtung - auch nicht wirklich auf Veränderung ab, sondern eher auf eine Art pervertierte Selbstbestätigung. Man kann als Zuschauer eine moralische Gänsehaut kriegen, ist aber erregt von der auf dem Bildschirm vorgelebten Möglichkeit, jeglicher Moral und Selbstbeschränkung den Rücken zu kehren.
Fazit: Der weiße Durchschnittsmann bleibt atemlos vor dem Fernseher hängen (so wie ich - und der weiße Durchschnittsmann in mir - auch, by the way) und lässt alles beim Alten.
Zweifel? Man kann im Internet einen "Heisenberg"-Hut und eine "Heisenberg"-Sonnenbrille bestellen.
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"We are happy." (Walter White)
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PS: Ich bin mir bewusst, dass der Begriff "weißer Durchschnittsmann" eine unzulässige Verallgemeinerung darstellt, aber ich musste meinen Gedanken irgendwie in - wenn auch hölzerne - Worte kleiden.