Dienstag, 21. Januar 2014

Die verschiedenen Schuhe meines Lebens

Lackschuhe. Holzklapperln. Holzclogs. Plateauschuhe. Bergstiefel (steigeisenfest). Adidas Turnschuhe. Jesus-Latschen. Doc Martens Halbschuhe. Birkenstock Gesundheitslatschen. Blaue Clarks aus Wildleder mit pinkfarbenen Streifen in der Sohle und pinkfarbenen Schnürsenkeln. Seehundfellschuhe. Filzstiefel. Wildlederschuhe.



Bei den Wildlederschuhe „gegen den Strich“ über das Leder streicheln. Zusehen, wie sich die Farbe ändert, dunkler in die eine Richtung, heller in die andere.

Die Lackschuhe, ein Inbegriff des Glücks. Waren sie weiß oder schwarz?

Adidas Turnschuhe mit roten Streifen.

In Hongkong kaufte ich ein Paar schwarze Reeboek, wahrscheinlich ein Imitat.

Meine Allroundschuhe aus Schweden ließ ich in Delhi von einem Straßenschuster flicken. Er nähte sie mit einem groben Faden, für einen beschämend niedrigen Preis.

Die Schuhe, die mir in der Wanderhütte auf Korsika an der offenen Feuerstelle ansengten. Weiße Turnschuhe mit hohem Schaft, die bei der Wanderung durch den Schnee nass geworden waren. Die Bergstiefel hatte ich zu Hause vergessen, meine Eltern hatten sie mir Poste Restante nachgeschickt, aber sie kamen erst an, als ich schon wieder aus dem Urlaub zu Hause war und wurden mir zurückgeschickt.

Als Kind trugen wir im Sommer Holzklapperln, stießen uns oft die große Zehe am Randstein an, stießen uns den Zehennagel blutig.

Ich springe vor und zurück, bringe keine Ordnung in meine Schuhe. Ich greife nach den Schuhen, wie sie gerade in meinem Gedächtnis auftauchen.

Selten hatte ich Schuhe mit hohem Absatz. Fast immer Schuhe mit flachen Sohlen. Eine Ausnahme waren die feuerroten Schuhe mit Plateausohle, die ich bekam, als ich ungefähr zwölf war, die ich zu meiner ausgestellten buntgestreiften Hose trug, mit der man mich auf den Schwarzweißbildern von den Kinderferien der Arbeiterwohlfahrt auf der Insel Hörnum sehen kann. Ich mache eine Muskelprotz-Show, mit geballten Fäusten und gespanntem Bizeps.

Wenn ich mir Fotografien aus früheren Zeiten anschaue, bin ich oft erstaunt über die Kleidung, die ich trage. Einen Pullover z.B., den ich vor acht Jahren besessen habe und völlig vergessen hatte, aber wenn ich mir das Foto dann lange genug ansehe, kann ich mich erinnern, an den Streifen am Ärmel, an das Gefühl beim Tragen des Pullovers.

Die Schuhe. Ich hatte einmal hellblaue Kickers mit einem Riemen, die mir schon an einem der ersten Tage bei einem Spaziergang an der Donau angekratzt wurden. Dieser Kratzer, der tief in das Leder auf der Kappe einschnitt, hat sich auch in mein Gedächtnis eingeritzt. Die verletzten Schuhe. Ich war an einem hervorstehenden Draht hängengeblieben, als ich über stillgelegte Gleise balancierte.

Die Lowa Bergstiefel, mit denen ich in Schleswig-Holstein am Deich entlang ging, von Glückstadt nach Wewelsfleth, an den Schafswiesen vorbei, in denen ich umknickte, mir den Knöchel verstauchte.

Sonst verstauchte man sich den Knöchel vorzugsweise mit den Clogs. Ich hatte ein Paar mit glänzend rotem Leder mit kleinen Löchern darin, einer weißen gepolsterten Kante.

Früher trugen wir zu Hause oft Hüttenschuhe, selber gestrickt, von meiner Mutter, mit Ledersohlen, die vom Benützen glatt und glänzend wurde.

Ich erinnere mich an die Schuhe, die ich bei meiner Ersten Kommunion anhatte: es waren weiße Lackschuhe. Niemals später habe ich mich bei einer Gelegenheit so schön, so festlich angezogen und es so genossen. Das weiße Kleid, der weiße Kranz im Haar, die weißen Handschuhe, die weiße Strumpfhose. Und die weißen Lackschuhe.

Sonntag, 12. Januar 2014

Ivan Klima: "Love and Garbage"

"I wrote, for hours and days and weeks. (...) I was working, but at the same time I was afraid that the silence which surrounded me would eventually invade me, paralyse my imagination and kill my plots. I would sit at my desk and be aware of the weight of the ceiling, the weight of the walls and of the things which might overwhelm me at any moment with their indifference."


Dienstag, 7. Januar 2014

Das Sevedleben


An der Kasse des Supermarkts spricht fast jeder Kunde gebrochen Schwedisch. Es finden lange und aufgeladene Streitereien über Birnenpreise statt. Die Verkäuferin vergleicht Birnengrößen, um herauszufinden, ob der niedrigere Preis, auf dem der Käufer besteht, berechtigt ist.

Ein Kunde in der Flohmarkthalle, der von der Verkäuferin (sie stammt aus dem Iran) in gebrochenem Schwedisch darauf hingewiesen wird, dass er irgendetwas nicht anfassen darf, antwortet in noch stärker gebrochenem Schwedisch, er habe schließlich in der Schule Lesen und Schreiben gelernt, sei kein Analphabet. Das Gespräch eskaliert, er geht dann beleidigt und vor sich hinschimpfend davon, in seiner Ehre gekränkt (wieder einmal wurde er wie ein "dummer/verdächtiger Ausländer" behandelt - es war ihm anzumerken, dass er diese Rolle satt hatte).

[Ich kaufe mir eine kleine weiße Teekanne mit dem Aufdruck "Bauscher Weiden - Bavaria Germany".]

Freitag, 3. Januar 2014

Heute nicht viel

Ich schlief ganz ordentlich und sprang um 20 nach 5 aus dem Bett.

Ich träumte in der Nacht etwas, was ich jetzt vergessen habe.

Am Tag übersetzte ich, las und schrieb.

Ich kochte mir etwas, das mir schmeckte und ziemlich gesund war (von dem mir so viel übrig blieb, dass ich auch morgen davon essen kann).

Ich gab kein Geld aus, außer für Steuern (und für ein Eis am Stiel)

Ich kontrollierte meinen Kontostand.

Ich nahm mir vor, von jetzt an völlig, 100% ehrlich zu sein.

Ich beschloss, Ikea aus meinem Leben zu verbannen und statt Schränken über der Spüle alte (abgebeizte) Bierkisten aufzuhängen.

Ich sprach mit meinem Vater am Telefon, der sagte, mein Jahresrückblick, den er heute gelesen habe, sei "sehr interessant" gewesen, man müsste sich "beinahe" darüber unterhalten, am Telefon ginge das aber nicht, aber wir würden uns ja "vielleicht noch mal sehen in diesem Leben".

Donnerstag, 2. Januar 2014

Kauflust

Heute kaufte ich

1. Einen Badeanzug (Der Verkäufer im Badeshop: "Der ist nicht kleinzukriegen - den werden Sie noch vererben!", nachdem er mich gefragt hat, ob ich "eine alte Schwimmerin" bin.)

2. Einen grauschwarzen Pullover, von dem P im Laden (laut) sagt, dass er "fürchterlich langweilig" sei, aber eben auch, so P: "sehr du", also ich, und mir außerdem gut stehe.

3. Einen Zeitschriftensammler der japanischen Marke "Muji", der mir auf dem Weg mit dem Fahrrad nach Hause vom Gepäckträger fiel und gleich wieder einen kleinen Schönheitsfehler bekam. Er kostete 200 Kronen, genau die Summe, die mir mein Arbeitgeber per Gutscheinkarte verehrt hat, was die Verkäuferin an der Kasse auch mit einem überraschten Ausruf kommentierte.

Lesbos 13/12 2021

Am Morgen wachte ich zum Plätschern des Regens auf. Machte mir Kaffee, schmierte mir Brote, packte eine Portion gesalzene Oliven in den Ruck...